Die Sache mit den Haushaltshilfen, Teil 2

Die Sache mit den Haushaltshilfen, Teil 2

Vor einem Monat etwa habe ich beschrieben, was es mit den Haushaltshilfen in Singapur auf sich hat. Darin hatte ich berichtet, dass wir auf der Suche nach einer solchen „Perle“ für unser Zuhause sind – und diese Suche nahm innerhalb kürzester Zeit Fahrt auf:


Wir führten weitere drei Bewerbungsgespräche. Über die einschlägigen Facebook-Gruppen der Expats wird aktuell eine wahrhaftige Flut an erprobten Haushaltshilfen weitervermittelt, denn die Sommerferien stehen vor der Tür, und für viele nicht-singapurische Familien heißt es, Abschied zu nehmen. Dadurch was es am Ende doch relativ einfach, ein paar Interessentinnen zu finden.

Innerhalb von zwei Tagen hatten wir uns entschieden – und Lea sich zum Glück auch für uns! Ein vegetarischer Haushalt und eine zeitlich begrenzte Beschäftigung schreckte sie nicht. Praktischerweise war ihre bisherige Arbeitgeberin mit meiner Freundin Christiane im selben ICCS-Kochclub, so dass ein direkter Kontakt schnell hergestellt war und wir die Details des Transfers besprechen konnten.

Singapurs niedrigschwellige Bürokratie machte die Erledigung des Papierkrams zum Glück zum Kinderspiel. Auf der Homepage des Ministry of Manpower (MOM) fanden wir sämtliche Informationen, welche Voraussetzungen es gibt, um eine Haushaltshilfe einzustellen.

Da Norman a) über 21 ist, b) über ein gedecktes Konto verfügt und c) geistig in der Lage ist, Verantwortung als Arbeitgeber zu übernehmen, waren die wichtigsten Hürden schnell genommen.

Als Helper-Neulinge mussten einen dreistündigen Einführungskurs absolvieren: das Employers‘ Orientation Programme (EOP). Für einen Preis von 46 Singapur-Dollar (gut 30 Euro) mussten wir dafür aber nicht die Schulbank drücken, sondern konnten ganz bequem zuhause auf dem Sofa den Online-Kurs „besuchen“.

Darin lernten wir ganz wichtige Dinge:

  • Eine Helferin kommt möglicherweise aus einem sehr dörflichen Umfeld und kann mit dem Großstadtleben zunächst überhaupt nicht umgehen. Das gilt natürlich nur für Maids, die frisch aus ihrer Heimat kommen und ihre erste Stelle antreten.
  • Du sollst Deine Helferin nicht an Freunde „ausleihen“ oder sie nebenbei woanders arbeiten lassen.
  • Du sollst Deine Helferin nicht anschreien oder schlagen.
  • Du sollst dafür sorgen, dass Deine Helferin ausreichend isst. 3x täglich Tütensuppe ist nicht empfehlenswert.
  • Du sollst ihr mindestens zwei (!) freie Tage pro Monat gönnen.
  • Etwas verstörend war der Kursteil, in dem es darum ging, woran ich erkenne, ob meine Helferin möglicherweise Selbstmordgedanken (!) hegt. Dazu brabbelte ein Psychologe von Heimweh, Anpassungsschwierigkeiten, Gewichtsverlust und Depression.
  • Ein immer wiederkehrender Punkt war die Arbeitssicherheit. Dabei ist offenbar am Wichtigsten, dass sie niemals unbeaufsichtigt Wäsche draußen aufhängen und dabei vom Hochhaus-Balkon oder -Fenster stürzen sollte. In den lokalen Wohnhäuser befinden sich nämlich stets Wäschestangen vor den Fenstern. Dieser Punkt wurde im Kurs ungefähr alle fünf Minuten angesprochen und mit reißerischen Zeitungsartikeln unterlegt („Maid falls to her death„).

Der Kurs war im Prinzip super aufbereitet, nur die eingebetteten Videos trugen den Muff alter Schul-Lehrfilme in sich und hatten offensichtlich schon einige Jahre auf dem Buckel.

Am Ende stand ein Test an. Auf Anhieb konnten wir die 20 Fragen lösen, die meisten davon waren mit gesundem Menschenverstand richtig zu beantworten. Allerdings hätte man diesen Test beliebig oft wiederholen können…
Danach wurde direkt ein Zertifikat über erfolgreiches Bestehen erstellt, welches ohne Umschweife digital an die zuständige Behörde übermittelt .

In einem ausführlichen Ablaufplan wurde auf der Homepage des MOM erklärt, wie dann der private Transfer eines sogenannten Foreign Domestic Workers (FDW) vonstatten geht: Transfer an FDW to a new employer

Das Schöne dabei: (fast) alle genannten Schritte lassen sich ebenfalls online erledigen.

  1. Lea musste zum Arzt, um ihren halbjährlichen Gesundheitscheck, der vom MOM vorgeschrieben ist, zu absolvieren. Dabei wird auf Schwangerschaft, HIV, Syphilis und Tuberkulose untersucht. Sollte dabei eine Erkrankung oder Schwangerschaft festgestellt werden, wird der betreffenden Dame übrigens mit sofortiger Wirkung ihre Arbeitserlaubnis entzogen und sie wird ausgewiesen.
    Die Untersuchungsergebnisse werden ans MOM übermittelt.
  2. Sobald diese vorlagen, konnte Norman für sie eine neue Arbeitserlaubnis beantragen – ebenfalls online, denn dank eines sogenannten SingPass-Zugangs können Erledigungen und Interaktionen mit über sechzig Singapurer Behörden online abgewickelt werden. Innerhalb weniger Tage lag die In-Principle Approval (vorläufige Genehmigung) vor.
  3. Damit wurde das nächste „Level“ in der Online-Beantragung freigeschaltet, und wir konnten das Declaration Form ausdrucken, welches von Leas bisheriger Arbeitgeberin, ihr und uns unterschrieben wurde.
  4. Gleichzeitig schloss Norman eine Versicherung ab – Singapurs Versicherungsfirmen bieten spezielle Pakete für FDW an. Der Preis liegt bei rund 180 Singapur-Dollar (120 Euro) für 14 Monate.
  5. Das unterschriebene Übergabe-Formblatt wurde wieder beim MOM hochgeladen, ebenso die Versicherungsdaten und das vereinbarte Datum des Transfers. Danach konnte die Vorläufige Arbeitserlaubnis direkt ausgedruckt werden, die finale Version kommt hoffentlich demnächst per Post.
    FDWs müssen ihre Arbeitserlaubnis stets bei sich tragen. Sollten sie kontrolliert werden und können diese nicht vorweisen, werden sie ohne Umweg direkt zum Flughafen verfrachtet und ausgewiesen.
  6. Mit Lea unterzeichneten wir noch einen Arbeitsvertrag, in dem das monatliche Gehalt, die freien Tage, Urlaubsregelungen und Arbeitszeiten festgelegt wurden.
    Fertig!

Mein Bruderherz musste einen Abend mit anpacken, um das kleine Zimmerchen auszuräumen, in dem sich bislang unser Kellerersatzraum befand. Zum Glück hatten wir im Flur vor dem Treppenhaus noch Stauraum!

Ich bestellte aus China ein Klappbett (Ikea kam nicht in Frage – das Zimmer ist nur 1.8 x 1.5 Meter groß, da passt kein Bett mit europäischen Maßen rein!) und einen Spiegel für das winzige Bad, in dem standardmäßig nur kaltes Wasser aus dem Hahn kommt.

Außerdem suchte ich Bettwäsche, Handtücher, Kopfkissen, Mehrfachstecker, Klemmlampe und Kleiderbügel heraus und behängte die gesamte Küche mit ausgedruckten Notfallrufnummern, wichtigen Adressen, unserem Tagesablauf und den zu verrichtenden Aufgaben.

Lea zog am Montag Nachmittag diese Woche mit vier Koffern bei uns ein – und übernahm innerhalb kürzester Zeit völlig selbstverständlich den Haushalt. Sie ist gebürtige Filipina, lebt seit 12 Jahren in Singapur nun im vierten Haushalt und dementsprechend sehr erfahren. Ihre drei Kinder, inzwischen im Teenageralter, leben bei ihrer Familie, und sie schickt wie alle Helferinnen jeden Dollar in die Heimat.

Bislang sind wir schwer begeistert, es ist herrlich, wenn sich jemand um Abwasch, Wäsche und Einkäufe kümmert, staubsaugt, putzt, Betten macht und nebenbei auch noch Pakete annimmt, wenn ich nicht zuhause bin.

Während Norman und ich mit Titus einen Nachmittag beim Drachensteigen verbrachten, zauberte sie das Abendessen anhand ausgedruckter Rezepte, welches dann pünktlich auf dem Tisch stand. Kochen und Backen kann sie nämlich ganz ausgezeichnet, ihr Sauerteigbrot ist sensationell!

Nur Titus ist noch ein wenig irritiert, dass tatsächlich jemand bei uns wohnt, der ihm morgens das Frühstück hinstellt und seine Kindergartentasche packt. Aber ein bisschen Eingewöhnungszeit brauchen wir alle noch.

One Reply to “Die Sache mit den Haushaltshilfen, Teil 2”

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Translate »