Bangkok: Von Krönungen, Tempeln und Fahrrädern
Der Kindergarten bleibt am Gründonnerstag geschlossen. Aber wir haben das perfekte Programm für das Osterwochenende gefunden – wir schauen uns Bangkok an!
Während Norman noch im Büro sitzt, machen Titus und ich uns am Vormittag auf zum Flughafen. Nicht ohne eine langwierige Diskussion vorab, wo denn das Osternestchen aufzustellen zu ist. Ob der Osterhase wirklich nach Singapur kommt, bleibt ungeklärt.
Am Flughafen haben wir wie immer viel Zeit, und damit Gelegenheit, wenigstens einen Blick in das neu eröffnete Vergnügungszentrum „Jewel“ zu werfen, das mit 180 Restauraunts, einem Indoor-Garten und dem größsten künstlichen Wasserfall aufwartet. Beeindruckend.
Der Flug nach Bangkok vergeht dank Kinderserien, Brotzeitdosen und Lesestoff schnell, wir landen am frühen Nachmittag. Dank der inzwischen so vertrauten asiatischen Kinderfreundlichkeit sind wir nach wenigen Minuten durch die Passkontrolle, denn wir dürfen mal wieder ganz nach vorne. Am Taxistand müssen wir zwar ein bisschen warten, aber die Verschnaufpause kann mit Buntstiften und Papier überbrückt werden.
Wir erwischen einen sehr bemühten Fahrer, der uns ohne Umweg in unser Hotel bringt. Ganz entgegen meiner Befürchtungen stecken wir weder im Stau noch will er uns abzocken. Stattdessen telefoniert er gleich zweimal mit der Rezeption und holt sich die Wegbeschreibung ab und setzt uns nach nur 30 Minuten vor dem Eingang ab.
Wir beziehen unser Zimmer im Feung Nakorn Balcony Hotel. Dieses befindet sich in einer ehemaligen Schule, der koloniale Charme der Klassenzimmer, die sich um einen wunderschönen, gepflegten Innenhof scharen, wurde erhalten. Anschließend laden wir unsere Batterien im hoteleigenen Cafe auf, denn der Wetterbericht bewahrheitet sich, bei Temperaturen von knapp 40 Grad ist uns nicht nach einem Nachmittagsspaziergang. Stattdessen machen wir uns erst am frühen Abend zu einer Stadtbesichtigung auf. Viele der Hauptstraßen sind gesperrt, denn die Proben für die Krönung des künftigen Rama X., die im Mai stattfinden wird, laufen auf Hochtouren. Die ganze Innenstadt und auch der Großteil der Bevölkerung trägt die königlichen Farben gelb und weiß.
Unser Spaziergang führt uns bis zur Khao San Road, in dieser legendären Backpacker-Meile finden wir neben dem üblichen Touristen-Kram und Tattoo-Studios auch Essenstände, die gebratene Krokodile oder Skorpione am Spieß anbieten.
Titus amüsiert sich köstlich, wir kehren auf ein Bier und eine Portion Pommes in eines der Pubs ein, um das Straßentreiben von dort aus zu beobachten.
Bei Einbruch der Dunkelheit marschieren wir an verlassenen Regierungsgebäuden zurück ins Hotel, nur ein paar wenige Straßenhändler bieten ihre Ramschware auf Decken feil, Obdachlose schlafen in Hauseingängen und das Militär steht an jeder Ecke stramm.
Da uns der kleine Fußmarsch schon wieder erhitzt hat, lassen wir den Abend bei frischer Kokosnuss und Saft im Hotel-Innenhof ausklingen, denn dort gibt es neben einem großen Koi-Karpfen-Teich auch ausreichend Spielzeug. Als Titus endlich schläft, klopft es an der Zimmertür: Norman ist auch da!
Dank Dauerbetrieb der Klimaanlage lässt es sich nachts einigermaßen aushalten, aber trotz frühen Aufstehens und Aufbrechens ist es bereits um 8 Uhr unerträglich heiß, als wir uns auf den kurzen Fußweg zu Wat Phra Kaeo und Großen Palast machen. Alle Straßen rund um sind abgesperrt, doch wir werden unbeirrt hineingewunken. Rund um die Palastmauer haben sich rund tausend Angehörige des Militärs in vollem Ornat versammelt, die in der gleißenden Hitze strammstehen.
Warum, wird nicht ganz klar, wohl immer noch als Probe für die Krönung. Auch hier werden wir freundlich durchgewunken, ein wenig mulmig ist uns aber schon, als wir eine verlassene, vierspurige Straße englanglaufen, beobachtet von tausenden Schwerbewaffneten…
Am Haupteingang der großen Tempelanlage bietet sich uns aber kurz darauf ein ganz anderes Bild: Heerscharen chinesischer Reisegruppen scharen sich laut schnattern um ihre Reiseführer, zum Glück geht es am Eingang zügig voran. Einzig Norman muss am Eingang eine landestypische Elefantenhose erstehen, um seine Knie züchtig zu bedecken.
Im Inneren der Tempelanlage herrscht Gedränge und Hitze. Titus kann sich leider nicht besonders für die wirklich bildschönen, kostbaren, bunten und überbordenden Tempeldächer, Buddhafiguren, Mauern und Türme erwärmen. Dabei werden wir fast geblendet vom Glanz der Spiegel, Mosaiken und vergoldeten Fassaden!
Einzig der Smaragd-Buddha bleibt uns verwehrt, denn dafür müssten wir in der prallen Sonne eine Stunde warten, und das will ich weder Titus noch mir zumuten. Nachdem wir uns noch über die Wandmalereien amüsiert haben, die detailreich Sagen aus dem hinduistischen Epos Ramakien darstellen, nehmen wir den Ausgang und bestaunen den ehemaligen Königspalast am anderen Ende der Anlage nur von außen, denn auf weitere Besichtigungen hat keiner von uns so recht Lust. Stattdessen kehren wir in die erstbeste Kneipe ein und bestellen dort eiskalten Mango-Smoothie bzw. eine Kokosnuss.
Danach sind die Lebensgeister wieder soweit hergestellt, dass wir uns einen weiteren Höhepunkt auf der langen Liste der sehenswerten Kulturstätten Bangkoks anschauen.
Per Tuktuk geht es zum Wat Pho, und der 46 Meter lange, goldene Liegende Buddha fasziniert endlich auch den Sohnemann ausreichend.
Das Tempelgelände mit dem schönen Garten und den vielen Buddhastatuen ist eine willkommene Abwechslung zum Trubel des Wat Phra Kaeo, hierher verschlägt es längst nicht so viele Besucher. Inzwischen ist es Mittag und dass Thermometer zeigt 40 Grad Celsius an. Die leider nicht allzu lange Fahrt im klimatisierten Taxi ist daher eine willkommene Abkühlung, ebenso die Mittagspause in der River City Mall.
Dort befindet sich – neben einem Cafe, das zu Titus‘ großer Freude eine eher fragwürdige Variante von Brezen serviert – auch das Büro des Reiseanbieters Co van Kessel. Dort haben wir eine fünfstündige Fahrrad- und Bootstour gebucht, die mir wärmstens von verschiedenen Menschen empfohlen wurde.
Also besteigen wir Punkt 13 Uhr die recht verkehrstüchtigen, gelben Fahrräder, während Titus lässig im Kindersitz Platz nimmt.
Mit einer insgesamt zehnköpftigen Truppe sowie zwei Reiseführerinnen – eine vorneweg, eine am Schluss -, radeln wir los. Zunächst geht es durch enge und dunkle Gassen durch Bangkoks Chinatown, zwischen den ganzen Verkaufsständen, Einkaufenden, Motorrollerfahrern und Hunden ist kaum ein Durchkommen, und ich komme schon nach wenigen Minuten ins Schwitzen. Zum Glück machen wir ausreichend Pausen, um die Gruppe wieder zu sammeln, und werden mit gekühlten Getränken versorgt.
Endlich verlassen wir das leicht schmuddelig wirkende Chinatown mit seinen buddhistischen Tempeln, Garküchen, Werkstätten und offenen Abwasserkanälen und finden uns am Ufer des Chao Phraya-Flusses wieder. Hier zeigt sich Bangkoks Skyline von ihrer besten Seite, und wir nutzen die Verschnaufpause für ein paar Fotos, während Titus sich mit Genuss mit der Wasserflasche begießen lässt, um so für Abkühlung zu sorgen.
Er genießt die für ihn so bequeme Fahrt im Kindersitz sichtlich, nicht ein einziges Mal in den ganzen fünf Stunden scheint er sich zu langweilen. Es ist aber auch tatsächlich sehr abwechslungsreich: Per Fähre überqueren wir den größten Fluss Bangkoks, lassen uns eine Banane schmecken und radeln über eine sechsspurige Schnellstraße in etwas weniger belebte Stadtviertel. Hierher verirrt sich wohl kaum ein Tourist, mit jedem Meter, den wir zwischen uns und das Stadtzentrum bringen, wird es dörflicher.
Ich kippe literweise Wasser in mich hinein, dass ich direkt wieder ausschwitze – so eine Hitze haben wir lange nicht erlebt. Nach einem Tempelbesuch dürfen wir die Fahrräder auf ein landestypisches Longtailboot verladen, mit dem wir gemütlich weiter stadtauswärts schippern.
Die Häuser entlang des Kanals werden immer kleiner und sehen teilweise abbruchreif aus; bei jedem Hochwasser muss wohl das eine oder andere daran glauben. Vom Wasser aus erhaschen wir Blicke auf meterhohe Buddhastatuen und monumentale Tempelbauten, während sich am Ufer der Müll sammelt und Kinder in der dreckigen Brühe baden.
Reiher staken mit langen Schnäbeln im Schlick, und Warane in Krokodilgröße sonnen sich auf teilweise halb verfallenen Terrassen.
Irgendwo in Bankok Yai steigen wir aus dem Boot aus und wieder auf die Fahrräder. Nun geht es wirklich hinaus aus der Stadt und hinein in die ländliche Umgebung. Auf schmalen, betonierten Wegen geht es zwischen Bananen- und Papayabäumen durch sumpfiges Urwaldgebiet. Die Wege sind an den Rändern nicht gesichert, und die waghalsigen Kurven, Brücken und Kehren führen zwar bei Titus zu anhaltenden Juchzern, bei mir aber zu noch mehr Schweißperlen.
Bei einer besonders heftigen Bodenwelle lockert sich denn auch der Kindersitz und wir nutzen die längere Zwangspause zur Einkehr in ein kleines Lokal mitten im Grünen, wo wir uns mit Limo und Chips unseren Zucker- und Mineralstoffhaushalt auffüllen, während unsere beiden Stadtführerinnen mit Kabelbindern Reparaturarbeiten durchführen.
Danach schaffen wir es unfallfrei zurück in belebter Gegenden, was bedeutet, dass wir in falscher Fahrtrichtung ein Stück eine vielbefahrene Straße entlang radeln und diese Straße dann auch noch überqueren müssen. Dank beherztem Abbiegeverhalten unserer Anführerin, die den Verkehr mit Schwenken ihres Sonnenhuts in Schach hält, kommen wir heil wieder an den Anlegesteg und genießen den Fahrtwind auf dem Boot.
Im Programm der Stadtrundfahrt ist auch ein typisch thailändisches Essen enthalten. Dieses bekommen wir in einem eher unscheinbar aussehenden Lokal direkt am Ufer des Kanals. Über einen schwankenden Steg betreten wir die Holzterrasse und nehmen am reichlich gedeckten Tisch Platz. Wasserspinat, Reis, Tom Kha Gai-Suppe, Omeletts, vegetarisch und nicht-vegetarische Currys und Getränke stehen bereit, es ist köstlich und wir sind alle nach der langen schweißtreibenden Fahrt hungrig.
Nur Titus kann sich nicht so recht für die lokalen Spezialitäten erwärmen, umso besser also, als ihm die Restaurantbesitzerin eine Tüte Butterkekse aushändigt.
Per Boot geht es zurück in Bangkoks Zentrum, allerdings müssen wir vor der Einfahrt auf den Chao Phraya noch eine Schleuse bewältigen – das fasziniert alle Bootsinsassen natürlich ungemein.
Kurz nach 18 Uhr, nach gut fünf Stunden, erreichen wir den Ausgangspunkt unserer Fahrrad- und Bootstour wieder, wir sind zwar erledigt, aber wirklich sehr zufrieden mit dieser Art der Stadtbesichtigung!
Darauf haben wir uns ein Bier verdient, dass wir im nur eine kurze Tuktuk-Fahrt entfernten Chinatown zu uns nehmen.
Leider lockt auch das an den vielen, vielen Garküchen angebotene Essen Titus nicht im Geringsten. Auch nicht die Maden und Käfer.
Nach längeren Diskussionen machen wir uns also per Taxi auf den Heimweg (Vielen Dank an dieser Stelle an unser Hotel: es ist wirklich sehr, sehr hilfreich, dass die Wegbeschreibung auf Thai zum Download bereitsteht!). Im Hotel bekommt das Kind nach einer dringend nötigen Dusche noch eine Fertignudelsuppe, die ich immer im Gepäck habe, und fällt dann völlig erledigt und mit roten Bäckchen ins Bett – Sonne haben wir heute alle mehr als genug abbekommen!
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