Java: Bromo und Banyuwangi
Es ist ungewohnt kalt nachts – so kalt, dass sich Norman irgendwann Titus mit ins Bett holt. Angeblich, damit das Kind nicht erfriert, aber wohl eher, um eine kleine Wärmflasche zu haben. Ich schlafe, dick in Decken eingekuschelt, ganz ausgezeichnet. Morgens rinnt innen an den Scheiben das Kondenswasser herunter, und alles ist klamm im Zimmer.
Alle freuen sich auf ein heißes Getränk zum Frühstück. Titus, der sich am Vorabend mit einer deutschen Radlergruppe angefreundet hatte, ist schwer enttäuscht, da diese bereits aufgebrochen ist, und verputzt drei Schüsseln heiße Nudelsuppe, damit es endlich warm wird.
Um 8 Uhr ist Abfahrt, wir besteigen den eigens für uns bereitstehenden Jeep und fahren steil bergauf auf den Kraterrand, um eine gute Sicht auf die Vulkane in der Mitte des erloschenen Kratersees zu haben. Das Land hier ist durch die Vulkanasche übermäßig fruchtbar, hier scheint alles Gemüse zu wachsen, das Java benötigt. Felder mit Kartoffeln, Zwiebeln, Kohl und Bohnen schmiegen sich noch an die allersteilsten Hänge, das Bestellen der Felder sieht nach schwerer Handarbeit aus.
Nachdem wir am Aussichtspunkt pflichtschuldigst diverse Fotos geschossen haben, kurven wir endlich hinunter in die Kraterebene.
Unser Jeep wird auf der sandigen Piste bald umringt von Reitern auf kleinen Pferden, die uns alle ihre Dienste als „Taxi“ hinauf auf den Vulkan anbieten. Wir lehnen dankend ab und machen uns zu Fuß auf den Weg. Zuerst führt uns der Weg durch grauen Sand, bald wird dieser fest und wir steigen steil die Flanke des Bromo hinauf.
Ab der Hälfte des etwa 400 Höhenmeter langen Anstiegs führen Stufen hinauf, Titus schimpft ein bisschen, aber mit gemeinsamen Zählen (251!) schaffen wir es bis hinauf zum Krater.
Dort stinkt es fürchterlich nach Schwefel, und es qualmt so sehr, das kaum etwas zu sehen ist.
Bei jedem Windstoß weht uns der Rauch ins Gesicht und verteilt dicke, ölige Ascheflocken auf uns – wir sehen nach kürzester Zeit aus wie Kaminkehrer, der Ruß setzt sich auf Kleidung, Rucksäcken, Haaren und bis in die Ohrmuscheln fest. Wir machen uns schnell wieder an den Abstieg, unten weht uns der heftige Wind auch noch den feinen Sand in die Augen und es knirscht zwischen den Zähnen.
Titus hat genug von Vulkanen, er steigt mit großer Freude wieder „unser“ Auto, setzt sich Kopfhörer auf und hört den Rest des Tages ein Hörbuch nach dem anderen. Denn uns steht eine lange Fahrt bevor. Zuerst geht es zurück ins Tal, nach einer Stunde erreichen wir Probolinggo. Dann fädeln wir uns auf der „Schnellstraße“ Richtung Osten ein, hier geht es immerhin mit 40 km/h vorwärts, der Verkehr ist dicht und die vielen Lastwagen sorgen für lange Rückstaus.
Nach drei Stunden biegen wir ab und machen eine Mittagspause in einem hübschen kleinen Restaurant am See, wo Titus höchst vergnügt auf dem Spielplatz schaukelt und sich über Pommes freut – das indonesische Essen sagt ihm so gar nicht zu, er ist nach wie vor ein großer Reis-Verächter.
Weiter geht die Fahrt, und für die einzige Abwechslung sorgt ein heftiger Tropensturm, der über uns hinweg fegt. Bald sorgen umgekippte Bäume und abgerissene Äste, Werbetafeln und Plakate für zusätzliche Hindernisse auf der Straße, das Meer zu unserer Linken ist aufgewühlt, und unser Fahrer ist hochkonzentriert.
Es ist deutlich ländlicher, bis wir die nordöstlichste Spitze Javas erreichen. Hier ragen die Türme eines riesigen Stromkraftwerks in den Himmel – die auf Borneo abgebaute Kohle wird hier verheizt und versorgt ganz Java und Bali mit Strom. Wir biegen südwärts ab und erhaschen erste Blicke auf Bali, das von hier aus nur einen Katzensprung entfernt zu sein scheint. Fahrer Adit erzählt, dass die indonesischen Marinesoldaten als Leistungsprüfung von Insel zu Insel schwimmen müssen, was Titus schwer fasziniert.
Dichter Urwald umgibt die Schnellstraße zu beiden Seiten, und alle paar Meter tummelt sich eine ganze Makaken-Familie am Straßenrand, in der Hoffnung auf ein paar aus dem Autofenster geworfene Leckerbissen. Titus ist empört, mit den Viechern will er nichts zu tun haben, und so guckt er demonstrativ in die andere Richtung.
Nach acht Stunden und 240 Kilometern (unterbrochen von einer Mittags- und einer schnellen Kaffeepause an der Tankstelle) erreichen wir endlich die Großstadt Banyuwangi. Titus, der sehr geduldig ausgehalten hat, zählt die Ampeln, bis wir auf den Parkplatz des schicken Santiki Hotels einbiegen. Dort werden wir mit einem Begrüßungsgetränk versorgt und beziehen ein sauberes, schönes Zimmer im dritten Stock.
Zum Auspacken bleibt keine Zeit, wir haben Hunger und finden uns kurz darauf im Hotelrestaurant ein. Dort gibt es Pizza für umgerechnet vier Euro, und wir lassen uns dazu frisch gepresste Säfte schmecken, während Titus selbstvergessen alleine vor den beiden Live-Musikern tanzt.
Norman und ich verabschieden uns anschließend ins Bett, uns steht eine kurze Nacht bevor, deshalb ist Titus heute Nacht zu den Großeltern ausquartiert und freut sich auf einen „Filmabend“ im Bett. Damit schaffe es sogar ich Spät-Insbettgeherin, um kurz nach 21 Uhr einzuschlafen.
Kurzer Nachtrag:
Wikipedia vermeldet übrigens im Artikel zum Vulkan Bromo eine erneute Ausbruchsphase ab dem 12. März 2019 (einen Tag vor unserem Besuch dort!). Diese zeichnet sich durch massive Aschewolken aus, und man beobachtet die Aktivität des Vulkans engmaschig…
2 Replies to “Java: Bromo und Banyuwangi”
Hallo Nadine,
Es ist immer wieder schön zu lesen!
Für solche Ausflüge könnte ich auch meine 2 pubertierenden Kinder begeistern!
Liebe Grüße aus den zur Zeit stürmischen, kalten und verregneten Thüringen!
Ganz liebe Grüße an deine Eltern. Vielleicht sieht man sich zu Ostern!
Liebe Sandra, wie schön, dass Du immer noch so fleißig hier mitliest!
Java ist wirklich toll, die gesamte Familie ist schwer begeistert. Sag also gerne Bescheid, wenn ich einmal für Euch eine solche Reise planen soll! 😉
Viele Grüße zurück von allen!
Nadine
PS: Wir kommen leider erst wieder im Juli zum Heimatbesuch nach Senden…