Pongal – Erntedank auf indisch

Pongal – Erntedank auf indisch

Festlich geschmückt sind die Straßen von Little India ja meistens. Seit ein paar Tagen hängen aber besonders große Banner über der Serangoon Road, und neugierig geworden, statte ich mit meiner Freundin Petra dem vor allem von Indern bewohnten Stadtviertel einen Besuch ab.

Die vor allem von Tamilen geprägte indische Gemeinschaft feiert Pongal, das tamilische Erntefest.
Das ganze Viertel rund um das Indian Heritage Centre ist geschmückt, und wir bekommen einen kleinen „Führer“ in die Hand gedrückt, in denen die Traditionen rund um das viertägige Fest erklärt werden:

Der erste Tag, Bhogi Pongal, steht für den Neuanfang. Man putzt das Haus, trennt sich von Altem, entsorgt abgetragene Kleidung und entfacht am Abend ein großes Lagerfeuer, in dem symbolisch die „Altlasten“ verbrannt werden.

Am zweiten Tag, Surya Pongal, wird bereits morgens der traditionelle Reisbrei gekocht. Und zwar in einem neuen (!) Topf auf einer extra dafür erbauten Feuerstelle. Die bunten, tönernen Töpfe, die dafür verwendet werden, stapeln sich an sämtlichen Verkaufsständen.

Das Wort „Pongal“ kommt vom tamilischen Wort für „Überkochen“, und genau das soll der aus Reis, Mungbohnen, Milch und Gewürzen bestehende Brei auch tun: er soll pünktlich zum Sonnenaufgang überkochen, damit für das Wohl der Familie im kommenden (Ernte-)Jahr gesorgt ist.
Praktischerweise kann man an den Straßenständen in Little India nicht nur eben diese Töpfe erstehen, sondern gleich die komplette Kochmischung dazu.

Am dritten Tag, Mattu Pongal, dankt man dem Vieh für seine Dienste und seine Gaben. Zu diesem Zweck werden extra Zelte aufgebaut, in denen man mitten in der Stadt Ziegen und Kühen beim Fressen zuschauen kann.

Für Unterhaltung bei kleinen Besuchern sorgt außerdem die „Melkanlage“, wo man anhand von Gummihandschuhen seine Künste im Melken ausprobieren kann.

Der letzte Feiertag, Kaanum Pongal (kaanum = besuchen), ist der Familie gewidmet, man reist von weither heran, um den Tag mit der Verwandtschaft zu verbringen.

In Little India ist jedenfalls ganz schön was los, ganze Straßenzüge sind zu Spiel- und Fußgängerzonen umgebaut worden, überall locken Aktivitäten, um Besuchern das Erntefest nahe zu bringen.

Auf einer Bühne wird ein traditioneller Tanz aufgeführt, mit offenen Mündern sitzen Schulkinder davor und bestaunen die beiden Tänzer mit ihren übertrieben wirkenden Gesten.

Zum Abschluss unserer Tour durch in Little India statten wir noch dem Heritage Centre einen Besuch ab und schauen uns die Sonderausstellung „Chetti Melakka of the Straits“ an. Darin wird die Geschichte der indischstämmigen Peranakan dargestellt, und wir lernen eine Menge über die leider aussterbenden Traditionen dieser kleinen Gemeinschaft.

Auch hier widmet sich ein ganzer Teil der Ausstellung den traditionellen Kochrezepten und den dazu benötigten Küchengeräten. Essen spielt in Singapur einfach immer eine wichtige Rolle, und deshalb können hier die bekanntesten Rezepte mit nach Hause genommen werden.

Petra und ich haben jedenfalls Hunger und kehren zum Mittagessen noch ins nächste Lokal ein, wo wir uns Palak Paneer, Butter Naan und Masala Chai schmecken lassen.

Ich gehe anschließend zu Fuß nach Hause, Little India grenzt gleich an unser Wohnviertel an, und nach dem Essen brauche ich den zwanzigminütigen Spaziergang. Bereits an der nächsten Straßenecke ist es, als würde ich eine andere Welt betreten – hinaus dem immer leicht chaotischen, vergleichsweise schmuddeligen, geruchsintensiven, lauten, heißen und bunten Stadtviertel zurück ins gepflegte, einheitlich saubere und unaufgeregte Singapur.

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