Neuseeland: von Dunedin über Oamaru nach Christchurch

Neuseeland: von Dunedin über Oamaru nach Christchurch

Da wir kältebedingt die halbe Nacht lang den Heizlüfter haben laufen lassen, sind tatsächlich sämtliche Schuhe, Jacken und Hosen am nächsten Morgen trocken. Der Wind hat unsere auf der Wäscheleine draußen hängenden Regenjacken meterweit weg geblasen, und nach einer heißen Dusche sind wir zur Abfahrt bereit.

Es geht an der Ostküste entlang, bereits auf der ersten Anhöhe oberhalb von Dunedin machen wir Bekanntschaft mit Schneeverwehungen auf der Straße – echtes Novemberwetter eben, mit Wind und eisigen 6 Grad. Nach etwa einer Stunde Fahrt nehmen wir eines der Straßenschilder, die auf Sehenswürdigkeiten hinweisen, beim Wort und biegen zum Parkplatz ab. Hier liegen direkt an der Küste die „Moeraki Boulders„, kugelrunde Steinformationen, die bereits bei den ersten hier siedelnden Maori Teil ihrer Legenden waren. Leider haben wir einen schlechten Zeitpunkt erwischt, denn die Steinkugeln sind nur bei Ebbe vollständig zu sehen, und momentan sind sie fast vollständig vom Meerwasser überspült. Bei dem eisigen Wind und leichten Nieselregen verspürt auch keiner von uns Lust auf einen längeren Strandspaziergang, nicht einmal die Seelöwen, die wie nass glänzende Felsen halb im Sand vergraben schlafen, locken uns.

Also fahren wir auch die restliche Strecke bis nach Oamaru, wo wir am frühen Nachmittag auf den Campingplatz direkt am Hafen einkehren. Das Städtchen, einst eines der reichsten und bevölkerungsreichsten des Landes, hat sich eine beschauliche Innenstadt im viktorianischen Baustil sowie ein großes Hafenviertel mit Lagerhallen erhalten, in denen heute unzählige hippe Cafés, Kunstgallerien, Designer-, Buch- und Antiquitätenläden untergebracht sind. Um uns aufzuwärmen, kehren wir erst einmal ins Collective Cafe ein und lassen uns Kaffee und hervorragende Kuchen schmecken, während Titus in der antik angehauchten Spielecke verschwindet.

Beim anschießenden Spaziergang durch dieses sehr besondere Städtchen stoßen wir bald auf das „Steampunk HQ“ – Oamaru ist Neuseelands Hauptstadt des Steampunks, in dessen Bedeutung wir uns erst einmal einlesen müssen. Die Kunstrichtung ist gleichzeitig Lebensgefühl, Kleidungs-, Literatur- und Musikstil, in welchem Elemente des viktorianischen Zeitalters mit futuristischer Technik verknüpft werden. Typisch dafür sind dampf- und zahnradgetriebene Mechanik, wovon die am Eingang des Museums stehende Dampflok kündet. Das Museum ist innen ziemlich düster – auch das gehört zur Optik dieser Stilrichtung dazu – und ist voller selbstgebauter Maschinen, vor denen Titus sich ein wenig gruselt.

Erst im Außengelände kann er dem Museumsbesuch etwas abgewinnen, dort laden gigantische Eisenbahnwagons, Riesen-Motorräder und Trucks zum Klettern und Spielen ein.

Wir bummeln anschließend durch die originellen kleinen Lädchen, die in den Lagerhallen und Häuschen untergebracht sind. Beim Abstecher auf den großen Spielplatz direkt am Hafen fällt uns auf, dass auch dieser in der stadteigenen Stilrichtung erbaut ist – endlich einmal richtig künstlerische Spielgeräte, die Titus gerne ausgiebig nutzen würde, doch leider beginnt es zu regnen und wir eilen zurück zum Wohnmobil.

Nach einem frühen Abendessen ziehen wir uns gleich mehrere Schichten Kleidung an, inzwischen schätzt der Junior seine langen Unterhosen und -hemden, darüber kommen Daunen- und Softshelljacken sowie Mützen und Handschuhe. Derart eingepackt, spazieren wir bei heftigem Wind am Hafen entlang bis zum „Penguin Centre“. Dort kommen jeden Abend gegen 20:30 Uhr die nur in Neuseeland heimischen Zwergpinguine („blue penguins“ wegen ihrer bläulich schimmernden Federn) von der Jagd zurück, um die Nacht in ihren Nestern zu verbringen und ihre Küken zu füttern. Auf einer zwar überdachten, aber leider weder wind- noch wettergeschützten Tribüne dürfen wir diesem Naturschauspiel beiwohnen, und tatsächlich klettern bald nach unserer Ankunft zwanzig der nur 30 Zentimeter großen Vögel das steile, felsige Ufer hinauf und rennen nach kurzem Zögern über die offene Wiese in ihre Behausungen. Dieses Schauspiel wiederholt sich einige Male, laut Aussage der Mitarbeiter leben zur Brutzeit um die 250 der Tiere hier. Der mitten im Weg dösende Seelöwe interessiert nicht im geringsten für die putzigen Pinguine, und mein Interesse erlahmt nach einer Stunde merklich, da der Regen inzwischen waagrecht unter das Dach peitscht und Titus auf meinem Schoß zittert. Wir machen uns also in der Dunkelheit auf den Heimweg, Windböen drehen alle paar Meter unsere Schirme um, und wir müssen aufpassen, in keine der großen Pfützen zu treten, denn Taschenlampen sind hier verboten, um die weiteren am Ufer anlandenden Pinguine nicht zu irritieren. Und tatsächlich rennen uns auf dem Küstenweg gleich mehrere der Vögel über den Weg, in der Dunkelheit sind sie kaum zu sehen, und wir müssen aufpassen, ihnen nicht zu nahe zu kommen.

Als wir nass und durchgefroren endlich unseren Campingplatz erreichen, ist dort eine große Menschenmenge versammelt, denn offenbar haben auch auf dem Campingplatzgelände selbst gleich mehrere Zwergpinguine ihre Nester errichtet und kommen nun nach getaner Jagdarbeit nach Hause. Also gilt auch hier: keinerlei Beleuchtung. Wir verschwinden aber sowieso schnellstens ins Bett, und es dauert, bis ich endlich wieder warme Füße habe!

Die ganze Nacht lang rüttelt ein heftiger Sturm am Camper Van, während der Regen aufs Dach trommelt. Der Kaffee ist leider aus, dementsprechend müde und schlecht gelaunt bin ich morgens – ich hasse es, zu frieren! Wohlweislich lädt Norman mich nach dem Aufstehen denn auch erst einmal im nächstgelegenen Café „The Galley“ ab, welches sind in einem ziemlich schick verrosteten Schiff befindet – auch das passt bestens ins Stadtbild! Norman kümmert sich derweil mit Titus um das Nachfüllen unseres Wassertanks und die beiden statten dem tollen Spielplatz einen weiteren Besuch ab, bevor mich die beiden im Café wieder abholen. Oamaru ist wirklich das besonderste und netteste Städtchen, das wir auf der gesamten Südinsel besucht haben!

Eigentlich sieht unser Reiseplan als nächsten Halt einen letzten Abstecher in die Berge vor, dort wollten wir eine Nacht verbringen und eine Wanderung machen. Doch es gießt auf der gesamten Fahrt in Strömen, die Nachrichten sprechen von ersten Überschwemmungen und das Thermometer steigt nach wie vor nicht über 6 Grad. Also beschließen wir ohne viele Worte, den Abzweig bei Timaru zu ignorieren und stattdessen gleich weiter nach Christchurch zu fahren. Zwar liegen damit fast 250 Kilometer vor uns, doch gibt es in der Stadt wenigstens genügend „Schlechtwetterprogramm“, und im Auto ist es wenigstens trocken und warm. „Die kleine Hexe“ als Hörspiel unterhält uns dabei bestens, Titus ist nach wie vor ein sehr zufriedener Beifahrer und liebt seinen Sitz vorne, von wo aus er den besten Überblick hat. Nicht ein einziges Mal ist ihm bislang schlecht geworden, obwohl die Straßen zum Teil wirklich sehr kurvig sind.

Der Regen jedenfalls bricht keine einzige Minute ab, bis wir in Christchurch auf den Amber Kiwi Holiday Park abbiegen und unseren Stellplatz für die nächsten zwei Tage einnehmen. Der Tacho zeigt 2.600 Kilometer an, die wir in den vergangenen 18 Tagen zurückgelegt haben.

Inzwischen ist es schon später Nachmittag, und wir vertagen den Abstecher in die Innenstadt und machen es uns lieber im halbwegs warmen Aufenthaltsraum gemütlich. Zur Abendessenszeit hört es dann endlich auf zu regnen und es ist nicht mehr ganz so kalt draußen, doch die gesamte Wiese ist voller Pfützen und Titus halt bald wieder nasse Schuhe. Immerhin ist es trocken genug, damit er draußen nach so einem Schlechtwettertag doch noch ein wenig Bewegung bekommt. Vor dem Schlafengehen spielen wir noch eine Runde „Mensch, ärgere dich nicht“ (Birgit, nochmals vielen Dank für die tolle Spielesammlung!!!) und Norman und ich machen es uns danach mit Weißwein, Chips und ein paar heruntergeladenen Serienfolgen im Camper Van gemütlich, während Titus im Obergeschoss schnarcht.

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