Ein Herbstmenü für den Kochclub
Die herbstliche Stimmung bei meinem Heimatbesuch trägt zurück in Singapur dazu bei, dass ich ein durch und durch typisch deutsches Herbstmenü zusammenstelle, als ich am Freitag Vormittag meine Kochgruppe bei mir zu Gast habe.
Die vielen Gespräche mit den Freunden zuhause und deren Ideen für passende Gerichte haben mich sehr inspiriert, einziger Knackpunkt an der Auswahl stellt die Verfügbarkeit der Zutaten in Singapur dar. Am Mittwoch mache ich deshalb einen ausgiebigen Ausflug zum Whampoa Wet Market und bekomme immerhin einen Großteil von meiner Einkaufsliste, die restlichen Zutaten kaufe ich im europäisch geprägten Cold Storage Supermarkt – wo ich für vier Lebensmittel genauso viel bezahle wie für die zig Kilo Obst und Gemüse auf dem Markt. Einzig Feldsalat ist in der ganzen Stadt nicht aufzutreiben, obwohl ich jede Deutsche, die ich hier kenne, anschreibe und danach frage. Kümmel habe ich sinnigerweise noch in Deutschland im Supermarkt besorgt und in den Koffer gepackt, den gibt es hier wahrscheinlich nur im deutschen Supermarkt…
Am Ende stelle ich also folgendes Menü zusammen:
- Kürbis-Orangen-Suppe mit Kartoffel-Sauerteig-Brot
- Zwiebelkuchen, dazu Spinatsalat mit Orangenfilets, Kresse und Walnüssen
- Mini-Apfelstrudel mit Kastanieneis, dazu Sahne und Vanillesauce
Die Rezepte dafür finden sich allesamt auf dem Blog des ICCS, ich habe sie verlinkt!
Den Teig für das Brot bereite ich dank meines sensationellen Sauerteigansatzes bereits am Tag vorher zu und hole es am Freitag Morgen duftend aus dem Backofen. Auch die Zutaten für das Eis werfe ich schon im Lauf der Woche kurz in die Eismaschine und verwahre es im Tiefkühlfach. Ansonsten bleibt nicht allzu viel vorzubereiten, außer, die Rezepte zu übersetzen, und alles für die sechs Damen, die sich angekündigt haben, bereit zu legen.
Da in Singapur „Children’s Day“ gefeiert wird, hat Titus‘ Kindergarten geschlossen, und er darf ausnahmsweise mit dabei sein. Kaum sind Anshu, Tejashree, Nitika, Chiara, Carolyn und Schwecha gegen halb elf eingetroffen, zieht er sich Kochschürze und -mütze an und nimmt seinen Platz am Kopfende des Esstischs ein, wo er fachkundig Äpfel schneidet, unter besorgten Blicken der Mitköchinnen („Is this a real knife?!“).
Um ein wenig in das Thema der Speisenfolge einzuführen, zeige ich den Besucherinnen Fotos von meinem Deutschland-Urlaub: Sonnenblumen- und Kürbisfelder, Almabtrieb, Oktoberfest, die Alpen – Bayern präsentiert sich im besten Licht des Altweibersommers! Zur Deko lege ich unsere gesammelten Kastanien und einige bunt gefärbte Blätter auf den Tisch, auf dem Markt konnte ich tatsächlich Sonnenblumen ergattern und stelle diese zur Getränkestation, wo es Ingwer-Zitronen-Eistee und Hollerschorle gibt.
Und dann geht es los, Swecha kümmert sich um die Suppe, Tejashree schneidet im Akkord Zwiebeln, Anshu faltet hingebungsvoll kleine Apfelstrudel-Päckchen, Carolyn und Chiara pflücken Salatblätter, Nitika rollt Teig aus und ich reiche Kochutensilien und -zutaten an, überwache die Pfannen und Töpfe auf dem Herd und versuche, nebenbei noch zu erklären, was Kresse eigentlich ist.
Titus ist derweil mit Nitikas Sohn Vedant, der ebenfalls schulfrei hat, in seinem Zimmer verschwunden, die beiden tauchen fortan nur noch auf, um sich eine Scheibe Brot oder ein Glas Saft abzuholen.
Nach knapp zwei Stunden ist alles fertig, der Tisch wird gemeinsam gedeckt, ein Glas Wein eingeschenkt und wir können das gemeinsam gekochte Essen genießen. Die Suppe – so einfach und schnell sie in der Herstellung ist – ist der absolute Favorit, die Damen essen den großen Topf komplett leer, und auch der Laib Brot ist am Ende verschwunden, ebenso wie der Salat.
Der Zwiebelkuchen ist vor allem den Inderinnen am Tisch eindeutig zu mächtig, Südafrikanerin Carolyn nennt den Geschmack „typical German“. Die heißen und knusprigen Apfelstrudel sind köstlich, beim Kastanieneis ist der Geschmack des winzig kleinen Schusses von Normans geliebtem Single Malt-Whiskey, den ich dazu gekippt habe, so mächtig, dass sich daran die Geister scheiden.
Bei einer Tasse Kaffee lassen wir das Kochtreffen ausklingen, wir sitzen so nett beisammen und ratschen, dass alle beim Blick auf die Uhr sichtlich erschrecken, denn es ist bereits später Nachmittag.
Im Akkord spüle ich anschließend die Unmengen an Geschirr und Küchenutensilien, während Titus mir dabei Gesellschaft leistet und wir eine Folge von „Benjamin Blümchen“ hören. Nach Staubsaugen, Reste im Kühlschrank verstauen und Küchenfußboden wischen bin ich endlich fertig und erledigt, aber sehr zufrieden mit dem Menü: nichts davon hätte besser sein können!
Die folgende Stunde sitze ich dann im Vorraum von Titus‘ Musikschule und erhole mich, abends lassen wir uns dann bei einer Grillparty von Normans Chefin von anderen bekochen und verwöhnen. Titus hüpft gleich mehrfach in den dortigen Pool und spielt anschließend hingebungsvoll mit allen Kollegen „Verstecken“, die sich sehr bereitwillig dafür einspannen lassen, während ich die schmerzenden Füße vom vielen Stehen und Herumlaufen von mir strecken kann.
3 Replies to “Ein Herbstmenü für den Kochclub”
Ich finde die Idee mit dem Reih-um-Kochen verdammt gut und sabbere jedesmal den Tisch voll beim Lesen eurer kulinarischen Ausflüge!
Viele Grüße,
Franziska
Glaub mir, ich profitiere auch sehr von dieser Kochrunde! Was ich da schon alles für tolle Gerichte kennengelernt habe!
Man sieht und liest es! =D