Ausgehwochenende
Endlich haben wir wieder Besuch: unsere Freunde Steffi und Christian aus München verbringen ein paar Tage bei uns, bevor sie weiter nach Myanmar reisen! Während Titus seine Klavierstunde hat, richten sich die beiden in unserer Wohnung bereits häuslich ein, die Guards unseres Hauses sind immer sehr hilfsbereit, händigen unseren Gäste gerne die hinterlegten Schlüsselkarten aus und weisen ihnen den Weg.
Zur Begrüßung knallen dann die Sektkorken, und Steffi zaubert aus dem Koffer tolle Mitbringsel: Lebkuchen, Schokonikolaus, Gummibärchen und Smarties in rauen Mengen, ein paar Kleinigkeiten für Titus‘ Adventskalender und einen Stapel Zeitschriften.
Wir machen uns in der Abenddämmerung auf den Weg zum Newton Hawker, wo wir Norman treffen. Unsere Freundin Laura feiert dort mit ein paar Freunden ihren Geburtstag, und bald sind wir eine lustige Runde, auf den Tischen stapeln sich die Teller mit Köstlichkeiten aus ganz Asien, wie Satay-Spieße, Naan, Pad Thai, Entenbrust, Currys,… Eli sorgt für stetigen Biernachschub, und die Zeit vergeht wie im Flug.
Norman erklärt sich bereit, Titus nach Hause zu bringen, während die Geburtstagsrunde mitsamt unseren Besuchern weiterzieht: Laura wünscht sich Karaoke zum Geburtstag. Per Taxi fahren wir also in den Osten der Stadt, nach Katong – dort spricht kaum noch jemand Englisch, alles ist fest in chinesischer Hand. In einer stockdunklen und ein wenig schmuddelig aussehenden Mall betreten wir das noch obskurere Karaokestudio und quetschen uns in ein kleines Zimmerchen, in dem ein Kunstledersofa sowie ein Monitor steht, auf dem wir dann die Lieblingshits auswählen können. Bier gibt es zum Glück am Kiosk nebenan, und nach längerem Suchen finden wir neben den ganzen chinesischen und koreanischen Superhits auch allgemein bekannteres Songs.
So grölen wir bis spät in die Nacht und haben Spaß dabei, während die Gruppen und Pärchen (!) in den Räumen neben uns die Singerei deutlich ernster nehmen als wir.
Die Nacht jedenfalls ist viel zu kurz, nach nicht einmal fünf Stunden Schlaf werde ich von Titus geweckt und verbringe die folgenden zwei Stunden in seinem Zimmer mit Vorlesen und Kinderserien gucken, damit wir die schlafenden Besucher und Norman nicht aufwecken. Nach einem gemeinsamen Frühstück ziehen Steffi und Christian los in die Orchard Road, sie wollen sich ganz Singapur-typisch die Shopping Malls anschauen, und ich mache mich auf in die Chorprobe, die für den Samstag Nachmittag angesetzt ist.
Mit rasenden Kopfschmerzen komme ich auf dem Uni-Campus an, in dem sich unser Probenraum befindet. Zum Glück findet sich hier – wie eigentlich an jeder U-Bahn-Station, ein kleiner Kiosk, der Getränke, Snacks und Notfall-Medikamente verkauft. Ich versorge mich also mit einem Müsliriegel, einer Flasche Wasser und eine Packung Kopfschmerztabletten und stehe so die dreistündige Probe, für die extra Gesangslehrer angeheuert wurden, um die einzelnen Stimmgruppen technisch weiterzubilden, durch.
Am anderen Ende der Stadt treffe ich dann endlich Norman und Titus, die sich stundenlang an der Promenade vor dem Marina Bay Sands vergnügt damit haben, Tauben zu jagen und den kleinen Booten zuzuschauen.
Gemeinsam spazieren wir durchs schicke Einkaufszentrum entlng der Luxus-Boutiquen, wo wir sogleich darauf hingewiesen werden, dass Titus hier keinenfalls auf seinem Roller herumfahren darf.
Wir haben Glück, die Wartezeit vor unserem Lieblings-Dumpling-Restaurant Din Tai Fung beträgt nur zwanzig Minuten, und nach einer ausgiebigen Runde „Ich sehe was, was Du nicht siehst“ stehen schon bald dampfende Bambuskörbe voller köstlich gefüllter Teigtaschen vor uns. Steffi und Christian, bepackt mit Einkaufstüten, stoßen zu uns, und gesättigt spazieren wir anschließend zügig einmal quer durch Einkaufszentrum und Hotel bis zu Gardens by the Bay.
Auf die Minute pünktlich breiten wir dort die Picknickdecken aus und schauen den sogenannten „Supertrees“ beim Lichtertanz, der „Garden Rhapsody„, zu. Die Choreographie für Oktober ist auf bekannte Musical-Hits zugeschnitten, und so singen wir leise zu den Hits aus „Cats“, „Chicago“ und „Phantom der Oper“ mit. Gerade, als der letzte Ton verklungen und das letzte LED-Licht in den künstlichen Bäumen verloschen ist, fällt mir ein, dass sich auf dem Dach des größten der Supertrees eine Bar befinden soll.
Für 20 Dollar Eintritt pro Person, in dem ein Freigetränk enthalten ist, fahren wir mit dem Aufzug nach ein paar Minuten Wartezeit hinauf und genießen bei lauschiger Abendluft und spektakulärem Blick einen gekühlten Weißwein. Offenbar handelt es sich bei dieser Bar tatsächlich um einen echten Geheimtipp, denn die Hälfte der Tische bleibt leer.
Mir steckt die kurze Nacht zuvor in den Knochen, und diesmal melde ich mich freiwillig dazu, Titus nach Hause und ins Bett zu bringen. Norman dreht mit den Besucher noch eine Runde durch die Restaurants und Bar am Clarke Quay; dem Junior und mir begegnen währenddessen im Aufzug gruselige Gestalten, denn die Nachbarskinder sind immer noch beim „Trick or Treat“ – Halloween ist nah!
Am nächsten Morgen bin ich definitiv ausgeschlafen, so dass wir alle zusammen pünktlich aufbrechen und per Taxi die Fahrt auf die Vergnügungsinsel Sentosa antreten können. Leider hängen ziemlich schwarze Wolken über uns, doch die werden bald von der Sonne vertrieben. Im Tanjong Beach Club an einem der hübschesten Strände dort verbringen wir den Vormittag – von den vier Stunden ist Titus ungefähr drei davon im Wasser. Sein Vorsatz, schwimmen zu lernen, ist immer noch so präsent, dass er übt und übt und übt. Er springt unerschrocken vom Beckenrand, taucht nach einem Schwimmring und lässt sich nach einer Weile sogar überreden, die Schwimmlernweste abzulegen. Mit Unterstützung von Steffi und Christian schafft er es, seine ersten Schwimmzüge ganz alleine zu machen und ist danach völlig zu recht sehr stolz auf sich. So ganz hat er allerdings noch nicht verstanden, dass auch seine Kräfte irgendwann einmal aufgebraucht sind, und paddelt immer weiter, bis er schier absäuft.
Es ist aber auch wirklich zu schön im Wasser, denn bei inzwischen gut 33°C ist es schlichtweg zu warm in der Sonne. Das finden auch fast alle anderen Besucher des Beach Clubs, es ist ziemlich voll im Pool! Als dann auch das Schwimmbecken keine Abkühlung mehr bietet, machen wir uns mit geröteten Wangen auf den Heimweg. Kaum haben wir die Insel verlassen, schüttet es wie aus Eimern – das Mikroklima innerhalb Singapurs ist immer für Überraschungen gut!
Während Steffi und Christian auf eigene Faust Chinatown erkunden, gehen wir zuhause unseren Sonntags-Beschäftigungen nach. Fitnessraum, „Die Sendung mit der Maus“, Telefonate mit den Großeltern, die uns die Bilder von ihren verschneiten Gärten zeigen,… Das stundenlange Schwimmen fordert um kurz nach halb acht dann seinen Tribut, das Kind ist todmüde.
Heute nehme ich mich wieder den Gästen an, und in der kleinen Dachbar des Oxwell&Co auf dem Ann Siang Hill genießen wir ein paar Gläschen Wein mit Blick auf die Skyline des Finanzviertels. Freitags und samstags abends ist es hier voll und laut, eine Bar reiht sich an die nächste, Horden von Ausgehwilligen schiebt sich durch die Gassen – doch heute, am Sonntag Abend, ist die eine Hälfte der Kneipen geschlossen, und in der anderen tummeln sich eine Handvoll Kunden. Am Ende des Wochenendes hat Ausgehen offenbar keine sehr hohe Priorität in Singapur! Außerdem ist die Hälfte der Straßen im Stadtzentrum gesperrt, findet doch heute das große, hinduistische Thaipusam-Fest statt. Dabei führen die Gläubigen eine Art Selbstgeißelung durch, stecken sich zentimeterlange Nadeln in Arme, Beine und Gesicht, tragen kiloschwere Masken, stechen sich Ringe durch die Brustwarzen, an denen sie Gewichte aufhängen und versetzen sich mittels Meditation und Gebet in eine Art Rausch. Leider verpassen wir den Umzug knapp, das hätte ich mir gerne aus nächster Nähe angeschaut!
Mehr „Wochenenden in Bildern“ findet Ihr auf Susanne Mieraus Blog „Geborgen Wachsen “!