Traditionelle Chinesische Medizin und Ayurveda

Traditionelle Chinesische Medizin und Ayurveda

Eigentlich kenne ich mich in Little India inzwischen wirklich gut aus. Schließlich gehe ich dort regelmäßig und mit Begeisterung essen, tätige meine Lebensmitteleinkäufe auf dem Tekka Market und in den kleinen Supermärkten rundherum und schleppe alle Besucher in die Hindu-Tempel entlang der Serangoon Road.

Doch es gibt auch hier immer noch Neues zu entdecken! Die Schweizer Gesellschaft bietet eine Führung mit dem Titel „Mysteries of Eastern Traditional Medicines“ an, und da mein Wissen sich auf diesem Gebiet praktisch auf dem Nullpunkt befindet, melde ich Birgit und mich dafür an.

Bei strömendem Regen stehen wir also um 9 Uhr – pünktlich, schließlich ist es eine Schweizer Veranstaltung! – unter dem Vordach der MRT-Station Little India. Guide Charlotte berichtet den elf teilnehmenden Damen zur Einführung erst einmal von ihren Erfahrungen mit Traditioneller Chinesischer Medizin (TCM) und auf welche Mittelchen und Mischungen sie schwört. Anschließend hasten wir unter Schirmen hinüber zum Tekka Market; dort befindet sich versteckt in einem der Gänge die „Anantha Ayurvedic Health Care Clinic“. Von einem der indischen Ärzte, die allesamt aus Kerala, dem Geburtsort von Ayurveda, stammen und dort studiert haben, werden wir begrüßt. Per Powerpoint-Vortrag führt er uns in die traditionelle indische Heilkunst ein. Er berichtet über das Gleichgewicht der Lebensenergien im Körper und erklärt anschaulich die verschiedenen Reinigungstechniken, die angewandt werden, um dieses wiederherzustellen. Blutegel zur Reinigung des Blutes, Einläufe und die Verabreichung von Brechmitteln gehört ebenso dazu wie Ernährungsumstellungen und Massagen.

New photo by Nadine Dietl / Google Photos
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Schließlich demonstriert der Arzt mit dem unaussprechlichen Namen noch die bekannteste Form der Ayurveda-Behandlung, den Stirnölguss. Dabei wird warmes (Sesam-)Öl mit Kräuterduft in stetigem Fluss auf die Stirn geträufelt und ins Haar einmassiert, etwa 45 Minuten lang. Dies soll helfen, den Geist zu beruhigen, und wird vor allem bei Stress, Schlafstörungen, Kopfschmerzen, Kreislaufproblemen, aber auch bei Haarausfall angewendet.

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Zum Abschluss bekommen wir alle ein kleines Fläschchen Heilöl ausgehändigt, das gegen Muskelschmerzen helfen soll. Leider spricht der Arzt Englisch mit heftigem indischen Einschlag, so dass die Hälfte seiner Ausführungen erst bei der dritten Nachfrage zu verstehen ist…

Da der Wunsch nach einer Pause laut wird, holt sich die Gruppe bei einem der kleinen Restaurants eine Tasse Tee, und ich nutze die Gelegenheit, um endlich meinem Ganesh zuhause eine Blumengirlande zu erstehen. In den Straßen Little Indias stehen unzählige Stände, an denen Händler handgeknüpfte Blütengirlanden verkaufen, mit denen Hauseingänge, Götterstatuen und Heiligenbilder geschmückt werden. Der Blumenduft liegt schwer in der Luft, doch da ich die Girlande nicht täglich austauschen will, wie es wohl die meisten gläubigen Hindus tun, begnüge ich mich mit einem künstlichen Exemplar.

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Per U-Bahn geht es endlich weiter, wir fahren zur Station Dhobi Ghaut und legen den kurzen Weg bis zum Tan Yok Nee-Haus zu Fuß zurück. In dem Gebäude aus den 1880er Jahren, welches einer wohlhabenden chinesischstämmigen Kaufmannsfamilie gehörte, befindet sich heute eine Klinik für Traditionelle Chinesische Medizin, Ming Yi Guan.

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Im Inneren bewundern wir im Empfangsraum die aufwändig gearbeiteten Deckenfresken, während wir Rosentee schlürfen und eine Angestellte dabei beobachten, wie sie aus dem riesigen Apothekerschrank seltsame Wurzeln und Gewächse abwiegt und eine Medizin daraus zusammenstellt.

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Eine Ärztin der Klinik, Trisha, zeigt uns anschließend die Behandlungsräume und demonstriert uns einige der Heilmethoden von TCM. Ihr Fachbereich ist die Schönheitsmedizin, sie empfiehlt hierfür verschiedene Akupunkturpunkte und zeigt uns, wie sie mittels kleiner und größerer Scheibchen aus Jade oder Keramik die Gesichtshaut durch „Schaben“ stimuliert und das Lymphsystem aktiviert, um dadurch strahlendere Haut und ein verjüngtes Aussehen zu erzielen. Diese Methode, „Gua Sha„, wendet sie dann sogleich an einer Freiwilligen aus der Gruppe an, die die Behandlung sehr angenehm findet.

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Zuletzt demonstiert uns Trisha noch das „Schröpfen“ oder „Cupping„: hierfür werden per entzündetem Wattebausch Gläser angewärmt und anschließend auf verspannte oder angeschwollene Hautpartien gesetzt. Die Gläser saugen sich durch Unterdruck fest, so sollen z.B. Rückenschmerzen behandelt werden. Auch hier findet sich schnell eine Freiwillige, und als die Führung anschließend vorbei ist, drängen einige der Damen zum Empfangsschalter, um Broschüren zu studieren und Behandlungen zu buchen.

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Birgit und ich brauchen aber erst einmal etwas zu essen und genießen in Little India eine große Portion Dosa bei „Ananda Bhavan“. Anschließend stürzen wir uns voller Eifer ins Kaufhaus „Mustafa“, wie immer verfliegt die Zeit darin wie im Flug, während wir uns duch die engen und überfüllten Abteilungen winden und immer wieder Neues und viel Absurdes entdecken. Am Ende türmt sich wie immer eine bunte Mischung aus Drogerieartikeln, Lebensmitteln, Kleidung, Souvenirs und sonstigem Schnickschnack im Einkaufskorb, als wir endlich den Ausgang gefunden haben.

Schwer erschöpft vom Einkauf, verbringen wir mit Titus anschließend den Nachmittag zuhause mit der neuen Spielesammlung und einem ausgiebigen Kaffeeklatsch. Nach einem original schwedischen Rezept meiner Kochclub-Kollegin Marie backe ich die besten Zimtschnecken aller Zeiten, die müssen natürlich verkostet werden.

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Abends begleitet Birgit mich dann zur ersten Chorprobe des Semesters, wir legen los mit der Arbeit an Haydns „Schöpfung“, die wir beim Weihnachtskonzert im Dezember aufführen möchten, und ich kämpfe so manches Mal mit der englischen Übersetzung. Beim anschließenden Empfang mit selbst mitgebrachten Leckereien gibt es viel zu bereden und zu lachen – was auch an den vielen Flaschen Wein liegen könnte, die auf dem Büffet stehen…

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