Radtour im East Coast Park
In Singapur herrscht eine Schlechtwetterperiode. Oder haben wir uns nach knapp einem Jahr nun endgültig so an die Temperaturen gewöhnt, dass wir schon mäkeln, wenn das Thermometer nur 26 Grad anzeigt? Auf jeden Fall saßen wir gefühlt seit Ewigkeiten abends nicht mehr auf dem Balkon, in den Pool hüpfen wir auch nur noch maximal einmal pro Woche – der Reiz des „Dauer-Sommers“ scheint verflogen.
Zu unserer Ehrenrettung: am Freitag und Samstag schüttet es tatsächlich tagsüber wie aus Kübeln, da hilft kein Schirm mehr, und die einzige Möglichkeit ist: zuhause bleiben.
Da ich das aber für keine adäquate Wochenend-Beschäftigung halte, kann ich meine Männer immerhin zu einem kleinen Einkaufs-Ausflug zum Möbel-Schweden überreden. Titus ist da sofort Feuer und Flamme, denn er liebt es, dort zu Mittag zu essen und das obligatorische Eis nach der Bezahlung gehört dazu.
Also stöbern wir zwei Stunden lang durch die Haushaltsabteilung, inzwischen gilt es, einiges aus der Küche zu ersetzen. Seit wir nur noch per Hand spülen können, leben Teller und Gläser bei uns gefährlich, und das Kochgeschirr mag die offenen Flammen am Gasherd nicht besonders…
Außerdem stellen wir fest, dass unsere sechs Frühstücksteller gar nicht ausreichen, wenn wir im August vierköpfigen Besuch bekommen; also packen wir kurzerhand ein neues Geschirrset in den Einkaufswagen.
Als wir nach Hause kommen, ist der Himmel immer noch grau, Titus frönt also seiner neuen Leidenschaft für „Paw Patrol“, und wir lassen ihn gewähren. Es ist erstaunlich, wie sehr sich sein englischer Wortschatz vergrößert hat, seit er diese Serie schaut!
Pünktlich zu unserer Abendverabredung klart der Himmel auf, und wir können bei unseren Freunden auf deren toller Dachterrasse Platz nehmen, im Privatpool planschen, dabei eine Grapefruit-Margharita schlürfen und uns später beim BBQ den Bauch vollhauen. Malerisch geht dabei die Sonne unter und beschert uns einen sensationellen Sonnenuntergang in allen Rot- und Gelbtönen. Störend dabei sind dabei nur die Militär-Flugzeuge und -Hubschrauber, die ausgerechnet heute abend wieder einmal für den National Day proben. In Sechser-Formationen fliegen sie über unsere Köpfe, der Lärm ist ohrenbetäubend.
Zum Glück ist der Spuk mit Einbruch der Dunkelheit vorbei, die Kinder verziehen sich ins Wohnzimmer und machen es sich mit Tablet und Spielsachen gemütlich, und wir quatschen unter Sternenhimmel bei lauschigen Temperaturen bis spätabends.
Als Konsequenz daraus pennt die ganze Familie am Sonntag bis halb zehn, auch mal schön, gemeinsam auszuschlafen. Nach einem großen Frühstück und den üblichen Überredungen, um das Kind dazu zu bewegen, den Schlafanzug endlich mal auszuziehen, steigen wir um 11 Uhr ins Taxi und wollen zum East Coast Park. Eine Fahrradtour dort steht schon längst auf dem Plan – doch kurz nach Abfahrt geht ein heftiger Platzregen los. Wir überlegen, stattdessen ins Museum abzubiegen, doch Titus mit seinem unerschütterlichen Optimismus überredet uns mit den Worten „Da hinten ist es doch hell!“ dazu, doch wie geplant an die East Coast zu fahren. Und tatsächlich: kaum steigen wir aus, hört der Regen auf!
Als Belohnung geht es danach natürlich erst einmal auf den riesigen Spielplatz, wo es am Sonntag natürlich wuselt vor Kindern und Eltern. Bis Titus fertig geklettert, geschaukelt, balanciert und gespielt hat, verspüre ich schon wieder die ersten Tropfen, aber wir halten nach wie vor an unserem Plan fest und marschieren zum Fahrrad-Verleih.
Der East Coast Park verfügt nämlich über viele Kilometer lange Radwege, immer entlang der Küste, und diese Strecke nutzen Rennradler, Inline-Skater, Familien und sonstige Freizeit-Sportler am Wochenende natürlich ausgiebig. Beim Fahrradverleih lassen wir uns überreden, es doch mit einem Tandem inklusive Kindersitz zu versuchen. Nach einer Proberunde bescheinigt Titus Norman und mir ausreichende Radl-Künste, und so steigen wir drei auf und fahren eine Stunde am Meer entlang. Riesige Tanker liegen vor der Küste, unzählige Angler versuchen ihr Glück, wir passieren Campingplätze und Fisch-Restaurants. Titus motiviert uns bei den kleinen Anstiegen ausreichend: „Ich weiß, dass Ihr das schafft!“, und klingelt munter. Überhaupt macht es erstaunlich viel Spaß, zusammen auf einem Fahrrad zu sitzen, und die Zeit vergeht wie im Flug.
Kurz vor unserem Ziel fängt es an zu regnen, und als wir nach der Fahrradrückgabe noch ins Café einkehren und uns mit Kaffee und Kuchen belohnen, schüttet es schon wieder. Alles richtig gemacht also, wir können nach getaner Frischluftaktivität nach Hause fahren und den Rest des Sonntags dort verbringen!