Mittwochs in der Kinderkrebshilfe

Mittwochs in der Kinderkrebshilfe

Lange hat es gedauert, bis ich endlich die Zusage erhalten habe, dass ich als Volunteer für die Children’s Cancer Foundation (CCF) arbeiten darf.
Zu guter Letzt muss ich tatsächlich noch zum Bluttest, um nachweisen zu lassen, dass ich Varizella-Antikörper im Blut habe, da ich als Teenie Windpocken hatte (ich erinnere mich mit Grauen daran!). Also marschiere ich los, um mir im nur zehn Gehminuten von unserer Wohnung entfernten Tan Tong Seng Hospital Blut abnehmen zu lassen.
Tan Tong Seng ist einer der großen Gönner Singapurs. Der höchst erfolgreiche chinesische Geschäftsmann (1798-1850) erkannte früh das Leid der Arbeiter, die dicht gedrückt in menschenunwürdigen Verhältnissen in der prosperierenden Hafenstadt lebten. Deshalb gründete er Mitte des 19. Jahrhunderts das oben genannte Krankenhaus, in dem kostenlose bzw. stark vergünstigte Behandlungen für Bedürftige angeboten wurden.

Als ich das Krankenhaus betrete, staune ich nicht schlecht: es ist gigantisch groß, allein das komplette Erdgeschoss wird von einer überdimensionierten Apotheke eingenommen, und die vielen kleinen Geschäfte, Cafés und Bäckereien im Inneren der sieben Stockwerke, in der Zentrum eine Rolltreppe hinauffährt, erinnert mich erst einmal an ein Einkaufszentrum. Nach ein wenig Umherirren – das Krankenhaus beherbergt 48 verschiedene Abteilungen – finde ich die richtige: Travellers‘ Health and Vaccination Clinic (THVC).

Dort wird mir nach kurzer Wartezeit und einem Beratungsgespräch Blut abgezapft, das muss ich erst einmal selbst bezahlen, doch sollte ich mich ein halbes Jahr lang für die Krebshilfe einsetzen, bekomme ich die S$100 erstattet.
Außerdem merke ich mir, dass in der THVC ausgiebige Impfberatungen für Einheimische und Reisende angeboten werden und sämtliche noch so exotischen Impfstoffe stets vorrätig sind. Ein paar Wochen später komme ich mit Titus zurück, um ihm eine Meningitis-Impfung verpassen zu lassen…
Der Service ist tadellos, bereits eine Woche später bekomme ich per Mail das Laborergebnis meines Bluttests mitgeteilt: Antikörper sind vorhanden, Impfung nicht notwendig.

Nun mahlen die Mühlen der Verwaltung los, es dauert wieder einige Wochen und mehrmaliges Nachfragen, bis ich mittwochs fest zum Team der Mittagsbetreuung gehöre. Kinder, die aus Therapiegründen und wegen der Ansteckungsgefahr noch nicht in den normalen Schulunterricht zurückkehren dürfen, aber fit genug sind, um gemeinsam mit anderen Kindern in einen halbwegs geregelten Tagesablauf zurückzukehren, werden in der Kinderkrebshilfe in kleinen Gruppen unterrichtet (das sog. PAL-Programm). Und diese Unterrichtsräume liegen knapp 800 m von unserer Wohnung entfernt, im Hauptsitz der CCF.
Beim Betreten reinige und desinfiziere ich natürlich zuerst einmal meine Hände und messe meine Temperatur, denn natürlich ist Hygiene hier das oberste Gebot.
Meine Aufgabe ist es, für die Kinder Essen im benachbarten Krankenhaus abzuholen. Der Weg dorthin führt durch zwei Einkaufszentren auf verschlungenen Wegen und Brücken bis hinüber ins bereits beschriebene Tan Tong Seng Hospitel. In mitgebrachten Behältern lasse ich bei einem der vielen Essensstände Reis, Suppe oder Teigtaschen einfüllen, bezahle und schleppe die Behälter zurück in den Pausenraum.

Nun muss das Essensgeschirr ausgekocht und gereinigt werden, jedes Kind in der Schule hat sein eigenes, ordentlich beschriftetes Geschirr. Schon öffnen sich die Türen der Klassenräume, und fünfzehn hungrige Kinder zwischen 4 und 12 Jahren stürmen auf mich zu. Ich verteile das Essen und setze mich anschließend zu den Kindern an den Tisch. Die ganz Kleinen werden von den Eltern und Nannies gefüttert und betreut, doch die Vorschulkinder und Grundschüler freuen sich über Gesellschaft und es wird viel gekichert und Quatsch gemacht. Nachdem Nachschläge verteilt und alle satt sind, mache ich mich ans Aufräumen, Spülen und Putzen. Anschließend ist noch ein wenig Zeit zum Spielen, wir lesen Bücher, ich schaue beim Lego-Bauen zu, während die Teenie-Jungs mit den Handys daddeln. Manche Kinder sind auch ziemlich geschlaucht und ruhen sich einfach aus, in dicke Decken eingehüllt, denn frieren tun hier alle, obwohl sie Mützen und schicke Caps tragen. Um halb zwei scheuche ich dann alle zurück in die Klassenzimmer, der Unterricht geht weiter und mein „Dienst“ ist nach knapp zwei Stunden beendet.

Ich spaziere anschließend nach Hause, erfreue mich an den Sonnenstrahlen draußen und freue mich auf kommenden Mittwoch!

An alle „Singapurer“, die hier mitlesen: die Mittagsbetreuung braucht dringend noch Unterstützung – eigentlich sollten mittags immer mindestens zwei Volunteers da sein. Wer also Interesse und einmal pro Woche zwei Stunden Zeit hat, meldet Euch bei der CCF!

4 Replies to “Mittwochs in der Kinderkrebshilfe”

  1. Herzlichen Glückwunsch! 🙂
    Dank der mitgelieferten Verlinkungen, ist der erste Eindruck schon mal sowohl bei der Klinik, als auch beim CCF, ein kurzer und knackiger. So, wie deren Websites aufgebaut sind, würde ich mir das bei mancher deutschen Internetpräsenz wünschen!

    Ich wünsche ganz viel Spaß bei diesem Einsatz!

    1. Liebe Franziska,
      Du hast völlig recht: in Deutschland bin ich regelmäßig ein bisschen verzweifelt, wenn ich mal wieder das Gefühl hatte, mich dringend als Ehrenamtliche engagieren zu müssen. Überhaupt herauszufinden, wo es Bedarf gibt und welche Hilfe gewünscht ist – da könnte sich manche Einrichtung ein bisschen was von den Singapurer Webseiten abschauen. Andererseits sind die Einrichtungen hier noch viel mehr auf Privatspender und Volunteers angewiesen, da es längst nicht so viel staatliche Unterstützung gibt.
      Ich danke Dir jedenfalls!
      LG, Nadine

  2. Liebe Nadine,

    was hast du als Volunteer alles gemacht? Vielleicht bekomme ich darüber noch Ideen.
    Weißt du, was mies ist? Man weiß weder bei den einen noch bei den anderen, wo letztendlich das Geld zumindest landet. Den Privaten, wenn sie wenigstens vor Ort sind, kann man immer noch mal einen Besuch abstatten. Ansonsten ist beides schon schwer im Blick zu behalten. (Oxfam war jetzt so eine berühmtberüchtigtes Beispiel, und jeder Mobilen Hilfe würde ich auch nicht über den Weg trauen.)

    Dafür nicht!

    LG,
    Franziska

    1. Liebe Franziska,
      Ich habe ein paar Mal in Singapur bei „Food from the heart“ mitgearbeitet (eine Art „Tafel“, siehe hier und hier). In München habe ich mich in der Flüchtlingshilfe engagiert, beim Kleidersortieren und in den Flüchtlingsunterkünften. Eine von mir initiierte Mutter-Kind-Gruppe kam aus verwaltungstechnischen Gründen leider nie zustande…
      Geld spenden wir nur an Einrichtungen, die wir persönlich kennen. Wir haben einige Freunde und Bekannte, die tolle Projekte ins Leben gerufen haben, z.B. in Kenia, Nepal oder Indien – da weiß ich Geld und sonstige Hilfe in guten Händen.
      Viele Grüße,
      Nadine

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