Monatsrückblick: April 2018
Singapur hat ja eine bewegte Einwanderergeschichte, und vereint bis heute auf kleinstem Raum Menschen unterschiedlichster Herkunftsländer. Diese prägen nicht nur das Stadtbild und die Kultur, sondern auch die Sprache.
Von den vier Amtssprachen habe ich schon berichtet; neben Englisch gehören Mandarin, Malay und Tamil dazu. Die meisten Singapurer sprechen mindestens zwei Sprachen, wobei Englisch zu 90% dazugehört. Innerhalb der Familie sprechen 36% der Bevölkerung Englisch, 34% Mandarin (12% andere chinesische Dialekte wie Kantonesisch oder Hokkien), 10% Malay und 3% Tamil. Der Rest spricht andere Sprachen, z.B. Deutsch wie wir.
Am spannendsten finde ich aber nicht nur dieses fast schon babylonische Sprachen-Wirrwarr, sondern die Tatsache, dass sich neben der englischen „Hochsprache“ auch ein eigener Dialekt bzw. Sprache herausgebildet hat, auf die die Einheimischen sehr stolz sind: Singlisch. Eine Mischung aus allen vier Amtssprachen, mit einer Prise australischem Slang darin. Davon hatte ich vor unserem Umzug noch nie etwas gehört, denn nur in Singapur wird Singlisch gesprochen, wie der Name ja schon vermuten lässt.
Die Regierung tut alles Erdenkliche, um diese Abart des Englischen zu vertreiben – in den Medien dürfen keine singlischen Wendungen vorkommen, in den Schulen wird ausschließlich Hochsprache gelehrt, doch natürlich hält sich die Sprache im Mündlichen hartnäckig.
Es hat eine Weile gedauert, bis ich typische Ausdrücke identifizieren konnte. Das „lah“ am Ende begegnet einem tatsächlich überall, „No good lah“ bedeutet soviel wie „Das ist wirklich nicht gut.“
Statt „Ja“ oder „Nein“ verwendet der Singapurer „can“ bzw. „cannot“, so dass Unterhaltung zu solchen Ergebnissen führen: „Are you available tomorrow afternoon?“ – „Can, can.“
Die Grammatik ist gewöhnungsbedürftig und wohl stark dem Chinesischen nachempfunden. Für einen Nicht-Muttersprachler klingt es immer ein wenig schlampig oder so, als wenn der Wortschatz des Gegenübers nicht ausreichend für eine Unterhaltung ist: „Dis weather today really hot“ ist zum Beispiel ein vollständiger Satz auf Singlisch, dass das Verb fehlt, stört keinen.
Auch komplett neue Wörter, z.B. aus dem Chinesischen oder Malayischen, tauchen in einer englisch geführten Unterhaltung auf, ich höre des öfteren „boleh“ für „okay“ oder „ang moh“ für „Europäer“. Aber mein persönliches Lieblingswort ist ja „chope“: so nennt man den Vorgang, mittels einer Taschentuchpackung oder einer Visitenkarte einen Tisch im Food Court zu reservieren, eine völlig normale Sitte hier. Das Verb ist so populär, dass die bekannteste Tisch-Reservierungs-Homepage in Asien genauso heißt: Chope
Ich bin jedenfalls sehr gespannt, wann Titus seine ersten Singlisch-Sätze von sich gibt!