Monatsrückblick: März 2018
Von vielen werde ich gefragt, wie es sich anfühlt, nach unserem Umzug zum ersten Mal wieder zurück in der Heimat zu sein. So richtig Abschied nehmen konnte ich bei all dem Umzugsstress im Juli ja nicht, diesmal hatte ich deutlich mehr Ruhe, die Zeit in Deutschland zu genießen. Nun nutze ich den Monatsrückblick, um schon ein kleines Resümée zu ziehen:
Zuerst einmal haben wir alle völlig unterschätzt, wie kalt es in Deutschland momentan ist. Titus hatte mehr als einmal Tränchen in den Augen, als er bei eisigem Wind bibbernd ein paar Meter zu Fuß gehen musste. Für Temperaturen um die 15 Grad hätten wir einigermaßen passende Kleidung im Gepäck gehabt, aber für die andauernden Temperaturen um den Gefrierpunkt haben uns buchstäblich eiskalt erwischt. Zwar sind wir dank unserer eingelagerten Kartons voller Besitztümer inzwischen einigermaßen gut ausgestattet, dennoch bin ich sehr empfindlich und halte es draußen nicht allzu lange aus.
Natürlich war es ein besonderes Erlebnis, an unserem Ankunftswochenende im Schnee spazieren gehen zu können und das Kind auf den Schlitten zu setzen. Auch zwei Tage auf der Skipiste, bei feinstem Neuschnee, waren sehr toll und haben bestes Winter-Feeling hervorgerufen. Aber auf Dauer: nein, danke!
Vergessen habe ich außerdem, was der deutsche Winter alljährlich mit meiner und Titus‘ Haut anstellt. Innerhalb weniger Tage hatte das Kind wieder trockene und gerötete Flecken an Armen und Beinen, meine Hände trockneten komplett aus und böse Schnitte an den Fingerkuppen tauchten auf – darunter litt ich durch dauerndes Fahrradfahren bei Eiseskälte all die vergangenen Winter, und Handcreme inklusive Pflaster waren mein ständiger Begleiter. Angekommen in München und mit schmerzenden Fingern, mussten wir erst einmal eine solche Creme für Gesicht und Hände erwerben, denn in all den Monaten in Singapur brauchten wir kein einziges Mal Gesichts-, Hand- oder sonstige Feuchtigkeitscreme, Luftfeuchtigkeit sei Dank!
Während ich in Singapur ohne eigenes Zutun plötzlich einen Kopf voller Locken mit mir herumtrage, hingen die Haare durch Heizungsluft und trockene Kälte wieder spannungslos herab wie eh und je und elektrisierten fröhlich vor sich. Titus ist ja dank seines Langhaarprojekts einigermaßen gut geschützt am Kopf, auch wenn er inzwischen sogar Spängchen braucht, um die ständig ins Gesicht fallenden Strähnen zu bändigen.
Das sind aber natürlich nur „Äußerlichkeiten“. Wie schön es ist, langjährige Freunde zu treffen, mit diesen praktisch nahtlos an Gesprächsthemen anknüpfen zu können und sich dabei wie zuhause zu fühlen, lässt sich fast gar nicht in Worte fassen. Beim Kaffeeklatsch mit unseren Schulfreunden, die wir nun seit über 25 Jahren kennen, machte sich ein warmes Gefühl in meinem Bauch breit, wie immer konnten wir über die gleichen Späße lachen wie schon als Sechstklässler und unsere Kinder tobten auch sehr harmonisch durch Haus und Garten.
Auch in Singapur haben wir inzwischen einen kleinen Freundeskreis aufgebaut und ich fühle mich dort sehr gut aufgehoben, aber es besteht ein Unterschied, ob mich jemand seit 8 Monaten kennt oder eben seit mehreren Jahrzehnten.
Die Familien fügten uns nahtlos in ihren Alltag ein, so dass wir innerhalb weniger Stunden schon das Gefühl hatten, eigentlich gar nicht lange weg gewesen zu sein. Durch WhatsApp und Videotelefonie hatte ich eh nie das Gefühl, wichtige Dinge im Leben von Freunden und Verwandten verpasst zu haben, ganz im Gegenteil hält sich der Kontakt mit den „Daheimgebliebenen“ bestens.
In München hat sich scheinbar wenig verändert – zum Glück, denn so konnten wir uns in der Stadt bewegen, ohne groß nachzudenken. Ich habe es sehr genossen, alle Wege aus dem Schlaf zu kennen, nicht dauernd GoogleMaps konsultieren zu müssen und vor allem Besorgungen erledigen zu können, ohne jedesmal entweder lange vorab im Internet nach den richtigen Geschäften zu recherchieren oder Stunden mit Busfahrten quer durch die riesige Stadt zuzubringen. Die Menschen beim Bäcker und in der Tram waren wie gewohnt immer zu einem Schwätzchen aufgelegt, beim Joggen wurde ich von allen Spaziergängern freundlich gegrüßt, und ständig trifft man beim Einkaufen oder auf dem Spielplatz bekannte Gesichter. Das kenne ich in Singapur so nicht, die Asiaten sind zwar auch freundlich, aber eher zurückhaltend, und das Leben spielt sich stärker innerhalb der eigenen vier Wände bzw. des eigenen Condos ab.
Überhaupt das Draußen-Laufen, das gefällt mir hier natürlich ausnehmend gut. Allerdings habe ich kaum Zeit für mein regelmäßiges Sportprogramm, Yoga kommt komplett zu kurz. Titus wuselt ständig um mich herum, ist manchmal recht unausgeglichen, da ihm seine tägliche Routine und seine Kindergartenfreunde fehlen, und so komme ich zu viel weniger, als ich mir vorgenommen habe. Zeit, dass wieder Alltag bei uns einkehrt!
Immerhin müssen wir uns um kaum etwas kümmern, eine Essens- oder Kaffeeklatsch-Einladung jagt die nächste, und so kommen wir ausreichend in den Genuss vermisster Köstlichkeiten wie Käse, Körnerbrot, Brezen, Salat, Pizza, Eis – das sollte für die nächsten Monate reichen. Norman ist gestern Abend bereits wieder nach Singapur abgereist, immer noch mit seinem Dauer-Infekt kämpfend; mit vollgepackten Koffern, dank 40kg Freigepäck – alle unsere Drogerie- und sonstigen Einkäufe haben problemlos darin Platz gefunden, so dass wir bis zum nächsten Besuch gut ausgerüstet sind mit Lieblingslebensmitteln und Drogerieartikeln.
Meine Kaffeeabstinenz hält seltsamerweise an, anscheinend habe ich mir den Kaffeegenuss in Singapur abtrainiert. Bei der Kälte schmeckt mir Tee am besten, den gibt es zum Glück überall ausreichend und in deutlich besserer Qualität. Und dabei wäre ja Kaffeetrinken, im Café sitzen und überhaupt Essen gehen so unfassbar günstig!
Das erste Mal am Steuer zu sitzen, war weniger seltsam als ich erwartet hatte – Autofahren verlernt man tatsächlich nicht. Beim Losfahren muss ich allerdings tatsächlich jedes Mal eine Millisekunde lang überlegen, auf welche Straßenseite ich nach der Hofeinfahrt einbiegen soll…
Titus verlernt definitiv seine Englischkenntnisse nicht, denn zur großen Belustigung aller Besucher singt er nach wie vor zig Kinderlieder auf Englisch und beim Spielen mit seinem Kaufladen parliert er bestens in seiner Zweitsprache. Manchmal reagiert er dann etwas ungeduldig, wenn die Einkäufer der Fremdsprache nicht so mächtig sind wie er, dann sagt er gerne vor: „Opa, Du musst sagen: ‚No bag, please!‘.“ Ganz Singapur-like bietet er seinen Kunden auch stets den Home-Delivery-Service an und verlangt horrende Preise.
So langsam haben wir tatsächlich alle Termine erledigt, alle Lieben getroffen und sämtliche Kleidung von Titus aussortiert, aus der er herausgewachsen ist. Übermorgen geht es zurück nach München, wo noch Arzttermine und Freunde auf uns warten, bevor wir am Samstag wieder nach Singapur fliegen – dort herrscht wohl gerade wieder ein Kälteeinbruch, Temperaturen um die 25 Grad werden gemeldet!
So schön es in der Heimat ist, so sehr freuen wir uns auf die vor uns liegenden Monate in Asien. Viele Besucher habe sich angemeldet, viele Reisen sind bereits geplant, das nächste Chorkonzert steht an, und wir haben in Singapur ja noch längst nicht alles ausreichend erkundet. Also hält sich wieder einmal der Abschiedsschmerz in Grenzen, denn gerade können wir erleben, wie schnell Monate vorüberziehen, und ich kann mich noch mehr an unserem Auslandsabenteuer erfreuen, weil ich weiß, dass meine Herzens-Heimat und die Lieben dort mich jederzeit wieder mit offenen Armen aufnehmen werden.
2 Replies to “Monatsrückblick: März 2018”
Hallo Nadine, ich habe mich sehr gefreut, dass wir uns Ostermontag gesehen haben. Ich wünsche dir und Titus einen guten Flug nach Singapur! Lasst es euch gut gehen! Liebe Grüße aus Thüringen an Norman! Sandra und Familie
Liebe Sandra, danke, wir sind vor zwei Stunden gut in Singapur gelandet und freuen uns auf viele Besucher in den nächsten Wochen! Die Zeit in Deutschland ging viel zu schnell vorbei, daheim ist’s halt doch am schönsten!
Viele Grüße, Nadine