Besucherprogramm

Besucherprogramm

Titus war bereits am Samstag morgen höchst aufgeregt: heute sollten endlich Oma und Opa in Singapur landen! Um die Stunden bis zu Abholzeit zu verkürzen, schnappte sich Norman das Kind, und die beiden verschwanden zum Drachensteigen. An der „Marina Barrage“ finden sich tagtäglich dutzende Menschen mit Flugdrachen ein. Diese „Wiese“ befindet sich auf dem Dach eines stillgelegten Pumpenwerks, und durch die Lage hinter dem Marina Bay Sands Hotel hat man einen atemberaubenden Blick auf die Skyline der Stadt – und genügend Wind, dank direkter Nachbarschaft zum Meer! – und so klappten die Flugversuche wohl auch recht schnell sehr gut.

Titus jedenfalls war selig, ausgehungert, und bis er seine Portion Grießknödelsuppe verputzt war, mussten wir auch schon mit der U-Bahn zum Flughafen aufbrechen.

Der Flieger aus Frankfurt lag gut in der Zeit und landete fast eine Stunde früher als geplant, und so konnten wir meine Eltern noch schneller als gedacht in Empfang nehmen. Was für eine Freude, nach fast 6 Monaten! Titus jedenfalls war so selig, dass er von einem Ohr zum anderen strahlte und unaufhörlich quasselte – die gesamte Taxifahrt nach Hause.

Beim Auspacken wuselte er dann wie ein Aufziehmännchen zwischen den Koffern hin und her – und was sich dort für Schätze fanden: ein komplettes dm-Sortiment aus Drogerieartikeln und Lebensmitteln, riesige Stapel Zeitschriften, ein paar neue Klamotten, Schokolade, Bücher und Spielsachen für Titus, Weißweinflaschen,… Herrlich! Die Messlatte für künftige Besucher hängt damit natürlich hoch.

Nach einer kurzen Hausbesichtigung marschierten wir zusammen zum nahe gelegenen Hawker Centre. Bei der Gelegenheit konnte meine Eltern das Viertel erkunden, Titus dirigierte alle vom Roller aus in die richtige Richtung, und die Temperatur draußen war mit gut 26 Grad wirklich sehr angenehm für einen Abendspaziergang. Im Newton Food Court legten wir dann los und bestellten wild durcheinander indisches und chinesisches Essen, außerdem natürlich herrlich kaltes Tiger Beer – und stießen erst einmal ausgiebig mit unseren Besuchern an.

Titus war von der ganzen Aufregung so erledigt, dass er gegen halb acht, nachdem er ein komplettes Naan-Brot verputzt hatte, einfach auf dem Schoß der Oma einschlief und sich dann von Norman mühsam nach Hause und ins Bett verfrachten ließ.

Den Sonntag ließen wir ein wenig ruhiger angehen, schließlich ist so ein langer Flug und der daraus resultierende Jetlag anstrengend. Mit dem Taxi ging es also am späten Vormittag zur Habour Front bzw. zum Jachthafen. Mitten zwischen ultrateuren und schicken Hochhäusern liegen dort noble Privatjachten und ein nettes Frühstückscafe. In diesem („Prive“) ließen wir uns einen ausgiebigen Brunch schmecken, bewunderten die großen Kreuzfahrtschiffe, die am Hafen ankerten, und ließen uns dank Ventilatoren ein Lüftchen um die Nase wehen, während sich die Luft in der Sonne auf knapp 30 Grad aufheizte.

Ich war also etwas skeptisch, ob mein Plan, durch den „Gardens By The Bay“-Park zu wandern, bei den hochsommerlichen Temperaturen aufginge. Doch im „Flower Dome“, den wir zum ersten Mal besuchten, war es so angenehm kühl, dass ich nach einer halben Stunde dort sogar ein Jäckchen überziehen musste. In diesem riesigen Gewächshaus wachsen Pflanzen aus aller Herren Länder: neben riesigen afrikanischen Baobabs gedeiht jede erdenkliche Kakteen-Art, daneben wuchern Palmen in jeder Größe und Form, knorrige Olivenbäume stehen neben gigantischen Farnen, und aus den Lautsprechern dudelte völlig unpassend dazu die ganze Zeit Weihnachtsmusik.

Zu meinem Erstaunen fand sogar Titus die Flora so interessant, dass er fast vergessen hatte, dass er noch zuhause gejammert hatte, er wolle nicht immerzu etwas unternehmen… Nach einem ausgiebigen Abstecher auf den gigantischen Wasser-Spielplatz, inkl. einem zweiminütigen „Power Nap“ auf Omas Schoß und einer Runde Eiskaffee waren alle wieder so fit, dass wir das zweite große Gewächshaus in Angriff nehmen konnten. Der „Cloud Forest“ ist einem Regenwald nachempfunden, innen ist es empfindlich kühl, und über Sprinkleranlagen und einen großen Wasserfall „regnet“ es ständig und es liegt tatsächlich Nebel in der Luft. Mit dem Aufzug geht es 35m hoch hinauf bis unters Dach; von dort aus führt ein schmaler Rundweg im Kreis wieder hinunter. Dabei passierten wir exotische Orchideen- und fleischfressende Pflanzen, bestaunen Baumkronen von oben und immer wieder auch den fantastischen Blick durch die komplett verglasten Wände über die Marina Bay und Singapurs Skyline. Titus marschierte wie immer sehr motiviert mit und schien ziemlich begeistert vom Ausflug zu sein. Ich dagegen war nach einer Stunde durchgefroren und hatte eisige Zehen in den Sandalen, war also froh, wieder hinaus in die tropische Hitze zu kommen.

Da in der Zwischenzeit dicke Regenwolken aufgezogen waren, musste wir unseren Plan, die allabendliche Lichtershow an den künstlichen „Supertrees“ zu besuchen, leider aufgeben. Doch stattdessen erkundeten wir ausgiebig und mit großem Interesse das enorme Kaufhaus, das zum beühmten Marina Bay Sands-Hotel gehört. Hier reiht sich Luxusmarke an Luxusmarke, im Untergeschoss schippern venezianisch anmutendende Gondoliere zahlungskräftige Touristen durch künstliche angelegte Kanäle, und wie immer in Singapur herrscht Trubel.

Zum Glück mussten wir vor Titus‘ Lieblingsrestaurantkette, Din Tai Fung“, nur etwa 20 Minuten warten, bis wir einen Tisch bekamen – und riesige Mengen unterschiedlichster Dumplings (= Teigtaschen) aufgefahren wurden.

Es blieb nur eine kleine Menge übrig, die ich sogleich einpacken ließ, damit Titus am Montag im Kindergarten verköstigt war. In Singapur sind stets selbst kleinste Restaurants und Buden auf „Take-Away-Food“ eingerichtet, und meist bekommt man das Essen in praktischen wiederverschließbaren Plastikdosen ˋa la Tupper ausgehändigt.

Gerade als wir gesättigt den Ausgang erreichten, stellten wir beim Blick auf die Uhr fest, dass wir gerade rechtzeitig zur großen Laser- und Musikshow kamen, die zweimal täglich abends vor dem Hotel im Wasser der Bucht stattfindet. Das ohrenbetäubende Spektakel ist ganz nett anzusehen, wobei mir der Blick auf die beleuchteten Hochhäuser des Business Districts fast noch besser gefällt. Meine Eltern jedenfalls schienen sehr zufrieden mit dem straffen Besichtigungsprogramm ihres ersten Tages in Singapur, und nachdem wir das völlig erledigte Kind ins Bett verfrachtet hatten, saßen wir noch gemütlich bis zu später Stunde auf dem Balkon zusammen und tranken Weißwein – aber ziemlich hektisch, denn der erwärmt sich im Glas schneller, als man ihn austrinken kann!

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