Ein toller Spielplatz-Ausflug

Ein toller Spielplatz-Ausflug

Ein sehr sonniger Tag erwartet uns beim Aufstehen. Titus zieht morgens als erstes seine Vorhänge auf und lugt hinauf, und die Sonne geht bereits über den Hochhäusern auf.
Nachdem die Männer mit Tretroller und fertig gemaltem Bilderrahmen Richtung Kindergarten aufgebrochen sind, setze ich mich an den PC und arbeite immer noch die aufgelaufenen Mails mit Bank-/Handy-/Versicherungsdingen ab.
Gegen halb elf schlage ich im Gym auf – und kriege erst einmal einen Hitzschlag. Durch das Glasdach brennt die Sonne in den Raum, und die Klimaanlage zeigt halsbrecherische 33 Grad an. Ich stelle die AirCon auf volle Power und renne los, bin aber nach wenigen Minuten schweißgebadet. Zum Glück ist das Hörbuch, das ich dabei höre, so spannend, dass ich mich trotzdem zu meiner üblichen „Runde“ zwinge. Aber ich bin nicht besonders böse, als eine Minute vor Ende mein Telefon klingelt und Norman zu einem kurzen Plausch anruft. Es reicht eh.

Zur Abkühlung fahre ich danach in den 5. Stock und springe in den Pool. Eigentlich will ich nur ein wenig herumpaddeln, doch da ich mutterseelenallein bin, der 50m Pool herrlich groß und so schön erfrischend ist, schwimme ich noch ein paar Bahnen und kann endlich mal völlig unbeobachtet an meiner Kraultechnik arbeiten. Das hatte ich mir in Münchner Schwimmbädern abgewöhnt, denn da geht es immer viel zu eng zu…
Ich lege mich noch ein halbes Stündchen auf die Liege, bis ich vollständig trocken bin, und bin sehr versöhnt mit unserem Umzug – so ein „eigener“ Pool ist schon toll.

Nach dem Duschen checke ich meine Mails und sehe, dass uns die Kindergartenleiterin, Ms. Pooja, bereits den Kontakt zu einer Mitarbeiterin hergestellt hat, die gerne babysitten würde. Ein paar WhatsApp-Nachrichten später haben wir alle Details geklärt, und Jiexi kommt nächsten Dienstag Abend für einen Testlauf vorbei. Wieder ein Punkt abgehakt, und wenn das gut klappt, kann ich für den Kammerchor zusagen.

Beim Abholen erzähle ich Titus natürlich gleich von seiner neuen Babysitterin, und er ist durchaus angetan, dass jemand „nur zum Spielen“ zu ihm zu Besuch kommt. „Die darf gerne öfter kommen“, fällt ihm dazu ein, „so wie Armita in München“. Manchmal staune ich schon, wieviele Details so ein kleiner 3jähriger im Gedächtnis behält, auch wenn jeden Tag so unfassbar viele neue Informationen auf ihn einprasseln.

Als wir in den Briefkasten gucken, sehen wir die Briefwahlunterlagen – die Beantragung hat noch fristgerecht geklappt, und so können wir auch von hier aus wählen. Wenn wir das also selbst von Singapur aus hinkriegen, dann doch hoffentlich auch jeder in Deutschland!

Auf besonders dringlichen Wunsch von Titus brechen wir nach kurzem Kaffeeklatsch wieder auf, er möchte auf den Spielplatz, „aber nicht auf den nebenan, sondern auf einen anderen.“ Hm, dazu muss ich erst einmal die Suchmaschine bemühen, und finde nicht allzu weit entfernt einen Eintrag. Wir schnappen uns das Laufrad und eine große Wasserflasche und marschieren bzw. düsen los. Titus umkurvt mit lautem Hupen alle Passanten, die mit großen Augen gucken. Ein Kind auf einem (Lauf-)Rad ist wirklich eine Attraktion.

Die Wasserflasche kommt bereits beim 15minütigen Marsch mehrfach zum Einsatz, es ist so heiß, dass uns der Schweiss von der Stirn rinnt. Der Himmel ist blau und fast wolkenfrei, über uns kreisen die Militär-Flugzeuge und impfen die Wolken mit Silberjodid, damit zum bevorstehenden Formel-Eins-Wochenende nur strahlend blauer Himmel auf den Fernsehbildschirmen zu sehen ist. Das bedeutet aber, dass die Sonne ungehindert herunterbrennen kann, und dementsprechend heiß ist es.

Als wir endlich am Spielplatz in der Hooper Road ankommen, bin ich entzückt. Ein schöner Park mit riesigen Kokospalmen, es ist schattig, außenherum sind nur kleine Reihenhäuschen im Kolonialstil und kein Auto weit und breit.

 Der Spielplatz ist niedlich, es sind viele andere Kinder da, die sofort angestürmt kommen und mit Titus (und mir) spielen wollen. Mir ist zu heiß, aber Titus tobt vergnügt herum und kommt nur alle paar Minuten angerannt, um zu trinken und sich das verschwitzte Gesicht abtrocknen zu lassen. Ein Mädchen verteilt Kekse an alle Kinder, und ich höre, wie Titus sich höflich mit „Thank you“ dafür bedankt.
Ein asiatischer Vater mit kleinem Mädchen kommt zu mir geschlendert und erkundigt sich, wo wir denn das tolle Laufrad erstanden haben. Ich muss ihm leider erklären, dass wir es aus Deutschland mitgebracht haben, und er klagt, dass man so etwas in Singapur leider vergeblich sucht.
Im Gegensatz dazu bewundert Titus die Tretroller der anderen Kinder. Wie man’s macht…

Nach gut zwei Stunden und ein paar netten Gesprächen mit ein paar Müttern kann ich Titus loseisen („da müssen wir bald mal wieder hin, Mama!“, und wir rattern über kleine Gässchen zurück. Es ist 18 Uhr, es wird ein wenig kühler, und überall kommen die Menschen von der Arbeit nach Hause. Viele (gebrechliche) Senioren machen einen Abendspaziergang, begleitet von ihren philippinischen Pflegerinnen, und Titus wird alle paar Meter angesprochen und versteht gar nicht, warum alle so begeistert von seinem Fahrradkönnen sind.

Im Nachbarsgrundstück ist großer Trubel, als wir in unsere Straße einbiegen: ein Kleinbus nach dem anderen fährt auf das Gelände. Sämtliche Kindergärten und Schulen der Stadt haben nämlich einen Busservice, und es ist durchaus üblich hier, selbst 3jährige Kinder mit dem Bus ans andere Ende der Stadt in die Ganztagsbetreuung zu schicken. Von 7-18 Uhr.

Zuhause gibt es für das ausgehungerte Kind eine Brokkolisuppe, und als ich darauf bestehe, dass vorher das Zimmer aufgeräumt wird, höre ich, wie Titus leise: „Mama, du nervst.“ murmelt. Ich unterdrücke ein Grinsen und tue so, als hätte ich nichts davon mitbekommen.

Vor dem Zubettgehen wartet noch die große Aufgabe, einen Brief an die selbsterfundene „Windelfee“ zu schreiben bzw. zu malen und mitsamt einem Keks auf dem Balkon zu platzieren.
Was genau der Wunsch ist, brauche ich wohl nicht zu erklären, oder?

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